nicht verpassen
: Rollköfferchen

„be to be“, 0.15 Uhr, ZDF

Sie wirken wie Angehörige eines neuen Stammes. Ihre Riten, Sprechweisen und Organisationsformen gehorchen eigenen Regeln. „Optimierung“ und „Strukturierung“ sind für sie geheiligte Worte. Normalsterbliche treffen sie höchstens mal auf dem Flughafen, wenn sie mit Rollköfferchen und elektronischem Zeitplaner vorbeieilen. Sie sind Unternehmensberater, nennen sich selbst aber Consultants, weil sie Dingen, die sie für wichtig halten, englische Namen geben.

In „be to be – business to business“ begleiten Daniel D. Sponsel und Jan Sebening die modernen Nomaden auf ihren Arbeitsreisen. Privatleben scheint es nicht zu geben, selbst beim morgendlichen Dauerlauf erörtert man schon mal die Strategien des Tages.

Die Inszenierung – die sportive Kameraführung und die geschmeidigen Überblendungen – entspricht erst mal dem Selbstbildnis der „Consultants“. Doch zur elektronischen Lounge-Musik perlt langsam der Schrecken in die Bilder. Wenn ein Wirtschaftsprimus etwa über die Ineffienz spricht, die es in den Konzernen zu bekämpfen gilt, klingt das, als empfände er die Zeit- und Ressourcenverschwendung als persönliche Beleidigung. Da macht sich unterschwellig Aggression breit.

„Be to be“ ist ein kluger Film darüber, in welcher Ganzheit heute die Wirtschaft – die eigentlich nur ein Teilbereich gesellschaftlicher Organisation ist – das Denken der Menschen bestimmt. Ein guter Auftakt für die Reihe „New Economy“, mit der das kleine Fernsehspiel die Durchdringung des Lebens durch die Ökonomie beleuchtet.

Geradezu groteske Ausmaße neoliberaler Imageverwaltung werden dann nächsten Montag in „Neubau“ (23.55 Uhr) dokumentiert: Thomas Tielsch zeigt, wie VW in Dresden eine gläserne Manufaktur errichten ließ. So sollen die Menschen an der Herstellung einer neuen Luxuslimousine teilnehmen – die für sie selbst unerschwinglich bleibt. Präzisere und gegenwartsrelevantere Dokumentationen sind zurzeit im deutschen Fernsehen nicht zu sehen. CHRISTIAN BUSS