Metin Kaplan vs. Bundesrepublik

Da blickt wohl auch der Kalif nicht mehr durch. In unzähligen Verfahren streiten Metin Kaplan und der deutsche Staat derzeit vor Gericht. Stets geht jede Seite bis zur letzten Instanz. Vertreten wurde Kaplan dabei jeweils von Anwältin Ingeborg Naumann.

Vereinsverbot: Der Kölner Kalifatsstaat wurde 1984 von Kaplans Vater gegründet und seit 1995 von Sohn Metin Kaplan geleitet. Um den Verband verbieten zu können, wurde 2001 das Vereinsgesetz geändert und der besondere Schutz religiöser Vereine gestrichen. Im Dezember 2001 löste Otto Schily den Kalifatsstaat wegen Gefahr für die öffentliche Sicherheit auf. Das Bundesverwaltungsgericht und das Bundesverfassungsgericht haben das Verbot inzwischen bestätigt. Anhängig ist noch ein Verfahren beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, allerdings mit wenig Erfolgsaussichten.

Strafrecht: Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf verurteilte Kaplan 2000 zu vier Jahren Haft, weil er zum Mord an einem internen Rivalen aufgerufen hatte, der 1997 von unbekannten Tätern tatsächlich ermordet wurde. Kaplan hat die vier Jahre (inklusive U-Haft) voll abgesessen und wurde im März 2003 aus der Haft entlassen.

Auslieferung: In der Türkei wartet auf Kaplan ein Prozess wegen Hochverrats. Er soll befohlen haben, mit einem Sportflugzeug voll Sprengstoff im November 1998 einen Staatsakt am Atatürk-Mausoleum in Ankara anzugreifen. Vorgeworfen wird ihm außerdem ein Aufruf zum heiligen Krieg. Einer Auslieferung stand lange entgegen, dass Kaplan in der Türkei die Todesstrafe droht. Diese wurde im August 2002 allerdings abgeschafft. Dennoch lehnte das OLG Düsseldorf 2003 die Auslieferung ab. Grund: Kaplan drohe in der Türkei ein unfairer Prozess mit belastenden Zeugenaussagen, die unter Folter entstanden. Innenminister Otto Schily verhandelt mit der Türkei über weitere rechtsstaatliche Garantien.

Asyl: 1992 wurde Kaplan in Deutschland als Asylberechtigter anerkannt, weil ihm in der Türkei politische Verfolgung drohte. 2002 wurde die Asylberechtigung vom Bundesamt widerrufen, weil er nach einer Strafverurteilung von mehr als drei Jahren automatisch als „Gefahr“ galt. Die Aberkennung wurde gerichtlich bestätigt. Hiergegen läuft aber noch eine Verfassungsbeschwerde, die wenig Aussicht auf Erfolg hat.

Ausweisung: Weil Kaplan zu einer Haftstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt wurde, hat ihn die Stadt Köln bereits zweimal ausgewiesen. Beim ersten Mal beanstandete das Verwaltungsgericht (VG) Köln 2002, dass Kaplans Asylberechtigung nicht berücksichtigt worden war. Im Februar 2003 wurde Kaplan mit neuer Begründung erneut ausgewiesen. Im Mai 2004 wurde diese Ausweisung vom Verwaltungsgericht Köln bestätigt. Damit verlor Kaplan sein Aufenthaltsrecht in Deutschland und wird seitdem nur noch geduldet.

Abschiebung: Im Rahmen der Asylaberkennung prüfte das Asyl-Bundesamt auch, ob ein Abschiebehindernis vorliegt. Das Bundesamt verneinte, Kaplan klagte und hatte zunächst im August 2003 beim VG Köln Erfolg. Das Verwaltungsgericht sah, wie schon das OLG Düsseldorf im Auslieferungsverfahren, die Gefahr eines unfairen Prozesses in der Türkei. Dagegen hielt in zweiter Instanz das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster vor wenigen Tagen eine Abschiebung trotzdem für zulässig. Das OVG ließ aber wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfragen Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu, das Ende 2004 entscheiden wird. Inzwischen ist umstritten, ob Kaplan während des Revisionsverfahrens abgeschoben werden kann. Die Stadt sagt ja, Kaplans Anwältin nein. Zunächst hat das VG Köln einen Abschiebestopp von zwei Monaten verhängt, der bei Bedarf verlängert werden kann. Hiergegen hat die Stadt Rechtsmittel angekündigt. CHR