Exotisch-attraktiver Anschein des Fremden

Caterina Germaine Maria Valente wurde am 14. Januar 1931 in Paris geboren – Spross eines Artistenclans. Sie spricht fünf Sprachen fließend, am liebsten Französisch. Staatsangehörigkeiten: französisch und deutsch. Lebt bei Lugano, Schweiz.

Sie hat im Laufe ihrer mittlerweile fünfzig Jahre währenden Solokarriere mehr als fünfhundert Tonträger produziert – und alles in allem gut zweitausend Stücke (in dreizehn Sprachen). Populär – als Hitsängerin, Entertainerin, TV-Star – war sie in über einem Dutzend Ländern: vor allem in Deutschland, Japan, Italien, den USA, Frankreich, den Niederlanden und Belgien.

In Deutschland musste sie für ihre ersten Erfolge freilich den Umweg über die USA nehmen: Eine deutschsprachige Aufnahme von Malaguena floppte. Die Valente wirkte mit ihrem scheuen Gesicht, das wie das Gegenteil der schneidig-umflorten BDM-Antlitze schien, den Wirtschaftswunderdeutschen allzu fremd: Als Konzession leistete sie sich in den Jahren ihrer Dauerpräsenz im deutschen Fernsehen (Ende der Fünfziger) fast keine ästhetischen Eigenheiten mehr: keinen Jazz, keinen Folk, keinen Bossa.

So geriet sie in den Ruf, viel zu perfekt und steril für das auf Authentizität erpichte Showbusiness zu sein – zumal seit Beginn der Beat-Ära, als das Handwerk des perfekten Singens an Wertigkeit zugunsten der Kunst der Performance verlor. Für die Generation der Women-Power-Interpretinnen (Dusty Springfield, Sandie Shaw, Cilla Black, Helen Reddy) war sie als Entertainerin eine vorbildliche große Schwester – profitieren konnte die Valente (anders als die ebenfalls im Easy-Listining-Fach singende Petula Clark) von den Erfolgen ihrer Erbinnen kaum.

Dieter Bartetzko, Kritiker und Valente-Exeget, schrieb in seinem exzellenten Buch Wo meine Sonne scheint. Caterina Valente. Ein Wirtschaftswunder: „Die natürlich geschwungenen, kräftigen Augenbrauen, die weiten Augen, das schmale Gesicht, die markante Nase und das eher verhaltene Lächeln erinnern an Anne Frank.“

Damit sei die Valente, so der FAZ-Kritiker, allein in auratischer Hinsicht „eine erste, unwissentliche Nutznießerin des unterbewussten Wiedergutmachungswillens“ der Westdeutschen gewesen, „der ein Jahrzehnt später Sängerinnen wie Carmela Corren, Belina, Elisa Gabbai und Esther Ofarim zu Favoritinnen des deutschen Schlagerpublikums werden ließ“. Noch Dahlia Lavi profitierte Anfang der Siebziger von dieser neudeutschen, von der Valente unbewusst mit angestifteten Liebe zum Jüdischen.

Bei Bear Family Records sind alle relevanten (vor allem für den internationalen Markt produzierten) Aufnahmen der Valente in üppig ausgestatten CD-Boxen erhältlich (www.bear-family .de), zuletzt ihre Filmsongs („Du bist Musik“). Bei Universal wurde nun das Album „Plenty Valente“ aus dem Jahre 1956 unter dem Titel Caterina Valente in New York – With Sy Oliver & His Orchestra wiederveröffentlicht. JAF