Alternatives Inselhüpfen

Helgoland, die einzige deutsche Hochseeinsel, ist ein beliebtes Ziel für Tagesausflüge. Doch an der Frage der Überfahrt scheiden sich die Geister: Luftdicht verpackt oder mit der Nase im Wind?

von INGRID SEITZ

Natürlich ist Helgoland nicht der Nabel der Welt. Aber irgendwas muss dran sein an der einzigen deutschen Hochseeinsel. Nicht umsonst liegen dort im Juli und August bis zu sieben große weiße Seebäderschiffe, High-Tech-Schnellboote und Katamarane vor Anker, um am Abend die Tagestouristen zurück aufs Festland zu bringen. Die Nordlichter unter ihnen haben es besonders bequem: Sie können direkt von Hamburg, Cuxhaven oder Büsum, von Bremen oder Bremerhaven aus aufbrechen.

An der Frage, wie man hinkommt, scheiden sich die Geister. Luftdicht verpackt mit rasanter High-Tech? Oder doch lieber langsamer mit 60er-Jahre-Charme und frischer Brise in der Nase?

„Das hat schon was, wenn man in diese Röhre einsteigt. Ist fast wie Fliegen“, sagt Ralf Rückert, der vom Bremer Martinianleger aus an Bord der „MS Speedy“ geht. Seinen Fensterplatz – „damit man wenigstens etwas sehen kann“ – hat er zwar bewusst gewählt, doch wichtiger als die Aussicht ist ihm die Schnelligkeit des Bootes, damit ihm bei seinem Tagesausflug auch genügend Zeit auf der Insel bleibt. Die Crew steht an der Reling und raucht schnell noch eine Zigarette, dann sticht Speedy in See. Bei fast 60 Stundenkilometern dauert der Ritt über die Wellen dreieinhalb Stunden. Der Preis für die moderne Technologie: Bei starkem Seegang kann es ganz schön schaukeln. „In den letzten Tagen war unser Brechtütenverbrauch enorm“, schmunzelt Oberstuart Nils Winter.

Wer den ultimativen Geschwindigkeitskick haben will, legt noch 10 Stundenkilometer drauf: Seit Mitte Mai gleitet der eher an ein Raumschiff erinnernde, spacige Katamaran „Halunder Jet“ ab Hamburger Hafen über die Nordsee. Damit folgt die Förde Reederei Seetouristik dem allgemeinen Trend, eiligen Passagieren eine „schnelle und hochmoderne Überfahrt“ zu ermöglichen, sagt Reedereisprecherin Birte Waskowiak. Inzwischen lasse sich bereits jeder dritte Urlauber per Katamaran auf die Insel beamen – 9 Uhr los, 12.40 da, 4 Stunden Helgoland, 16.30 Uhr wieder zurück: Blankenese, Leuchttürme, Schiffswracks und Seehundbänke rauschen vorbei.

Bei gestandenen Seebären kommt dabei kein Meeresfeeling auf. Die stehen lieber an Deck eines behäbigen Seebäderschiffes und strecken die Nase in die Gischt. Stolz und mondän trotzt die 1962 gebaute „MS Helgoland“ Wellen und schwerem Wetter. Ist es ruhiger, erwacht Kreuzfahrt-Atmosphäre auf dem Sonnendeck im Liegestuhl, die richtige Einstimmung auf die Insel. Täglich ab Bremerhaven oder mit der „Wappen von Hamburg“ ab Cuxhaven sowie im Juli und August immer samstags ab Hamburg, kann man bis zu fünf Stunden gemütlich vor sich hinschippern.

Die Schnellfähren haben einen Bequemlichkeitsvorsprung: Sie können direkt im Südhafen Helgolands anlegen. Die Passagiere der Seebäderschiffe brauchen einen Tüpfel mehr Abenteuerlust: Sie werden zwischen Hauptinsel und Badedüne ausgebootet. Heißt: Die Seebäderschiffe müssen vor dem Hafen ankern. Durch vier auf Wasserhöhe befindliche Klappen steigen die Passagiere um in kleine 50-Mann-Motorboote, um unter Aufsicht eines erfahrenen Kapitäns und dreier Matrosen die letzten 300 Meter bis zur sicheren Küste zurückzulegen. Dann dümpeln bis zu 14 solcher Börteboote auf dem Wasser.

„Wenn den Passagieren die Gischt ins Gesicht spritzt, ist das für sie meist der erste Kontakt mit dem Meer“, beschreibt Kurdirektor Christian Lackner den seltsamen Bootszug. Dass durch die High-Tech-Boote die alten Seebäderschiffe verdrängt werden, glaubt Lackner nicht. Im Gegenteil, plädiert eine langjährige Helgoland-Touristin für den behäbigeren Pott: Nur eine solche Überfahrt sei „wahrhaft zünftig“.

Verbindungen nach Helgoland: von Hamburg bzw. Cuxhaven (MS Wappen von Hamburg, Halunder-Jet): Info-Tel.: 0180/320 20 25,von Büsum (MS Atlantis, Cat No. 1): Tel.: 04834/938 220;von Bremen/Bremerhaven (MS Helgoland, MS Speedy): Tel.: 01805/10 10 30