Fleisch gewordenes Paradoxon

Kaum einer im Fußball spaltet mehr als Bayern-Manager Uli Hoeneß. Vor seinem heutigen Auftritt beim FC St. Pauli hat er sich vom Buhmann zum Wohltäter gewandelt

„So einen Verein mit solchen Fans lässt man nicht einfach sterben.“ Ein Satz den der Manager von Bayern München, Uli Hoeneß, in Bezug auf die großzügige Hilfsaktion seines FC Bayern für den damals lizenzgefährdeten FC St. Pauli zweifelsfrei ernst gemeint hat. Eine Aussage, die dem heutigen Benefizspiel des Krösus der Bundesliga gegen St. Pauli (Anpfiff 16.50 Uhr Millerntor) mehr aktuelle Brisanz verleihen wird, als sie in der St. Pauli-Fangemeinde ohnehin besaß.

Die Diskussion über das großherzige Angebot spaltet seit Wochen die Fangemeinde des Zweitligaabsteigers. Einig werden wollten sich die Diskutanten über die Geste des in Medien gerne als Klassenfeind bezeichneten Münchner Großklubs nicht. Linkskonservative wollten mit den „Geldsäcken“ nichts zu tun haben. Andere warfen gerade in Bezug auf Uli Hoeneß ein, dass er sich seit Jahren in vielerlei Hilfsprojekten engagiert habe und auch den Fans nie die kalte Schulter gezeigt hätte, wie viele vermuteten.

Im Gegenteil, Hoeneß besaß immer schon eine große Lobby bei den Münchner Fans und machte sich mit seinen in Interviews geäußerten Kritik an den USA, die sich nicht an das Kyoto-Protokoll halten würden, sogar bei Nicht-CSU-Wählern Freunde. „Der Fan im Stadion ist für mich ist das Wichtigste“, wird Hoeneß gar bei der Gruppierung ProFans (ehemals Pro 15:30) im Internet zitiert.

Sprüche, die angesichts der jüngsten Geschehnisse in München (die taz berichtete gestern) Fanemotionen Achterbahn fahren lassen. Rechtzeitig in der Sommerpause entschied das Vorstandsmitglied der FC Bayern AG plötzlich, drei Münchner Fanclubs auszuschließen. Eine paradoxe Vorstellung angesichts Hoeneß‘ Sympathie für die Fans des FC St. Pauli, die eine Wiege der subversiven Fanbewegung in Deutschland sind. „Mir hat die Szene dort gefallen. Sie war subtil, aber nie aggressiv oder bösartig“, erklärt Hoeneß. Aggressivität und Bösartigkeit wirft er hingegen den drei ausgeschlossenen Fanclubs „Club Nr. 12“, „Schickeria München“ und „Red Sharks“ vor, was der Fanprojektleiter der Stadt München, Thomas Emmes, nicht bestätigt. „Der FC Bayern bestraft hunderte Fans, die absolut nicht gewaltbereit sind und den FC Bayern seit Jahren positiv unterstützen.“

In einem offenen Brief der ProFans St. Pauli an den FC Bayern München schreiben die Autoren. „Sie versuchen die Fankultur an sich zu zerstören und somit betrifft es auch uns. Und daher werden wir mit allen legalen Mitteln dagegen angehen.“

Die Freunde, die sich Uli Hoeneß mit dem Slogan „Do the Unexpected“ gerne beim klammen FC St. Pauli gemacht hätte, werden ihm paradoxerweise heute vielleicht wieder Geldstücke entgegenwerfen. Er wird sich nicht zu schade sein, diese aufzuheben. Oke Göttlich