Wald-Maut im Landesforst

Niedersachsen will das Wandeln unter deutschen Wipfeln kostenpflichtig machen, sagen die Grünen. „Golfer zahlt auch für Golfplatz“, entgegnet Ministerium

Hannover taz ■ Maut auf deutschen Waldwegen? Nein, noch hat das Sommerloch nicht begonnen. Deshalb warfen die Grünen gestern der niedersächsischen Landesregierung völlig bierernst quasi eine Kulturrevolution vor. „Nicht-traditionellen Waldnutzern soll es schwerer und teurer gemacht werden, in den Wald zu gehen“, sagte Hans-Jürgen Klein, der forstpolitische Grünen-Sprecher – in Deutschland sei die „Wald-Maut“ bislang einzigartig.

So verlange die Forstverwaltung von Gemeinden im Harz 20.000 Euro im Jahr Gebühren und „Gestattungsentgelt“ für ein Mountainbike-Netz. Aus dem Solling sei ein Fall bekannt, in dem von dem Fahrer eines Pferdegespanns 200 Euro Jahresgebühr für das Zuckeln unter deutscher Eiche verlangt wurde – umgerechnet 50 Cent pro Kilometer.

Ein Hotelier aus dem Harz habe nächtliche Waldwanderungen für seine Gäste letztlich nicht veranstaltet, weil er für die „Sondernutzung“ 400 Euro zahlen sollte. Die Forstleute planten auch, von Bergsteigervereinen Gebühren zu kassieren. „Die Alpen sind frei, aber der Ith kostet Eintritt“, ärgerte sich der grüne Tourismusexperte Enno Hagenah – und meinte damit den Bergzug im Weserbergland. Demnächst sollten Verträge mit dem Deutschen Alpenverein oder mit der Interessengemeinschaft Klettern unterzeichnet werden. Weil Kraxeln nur in Niedersachsen kostenpflichtig sei, lege die Landesregierung „die Axt an den Niedersachsen-Fremdenverkehr“, betonte Hagenah. Zudem sei das freie Wandeln unter deutschen Wipfeln nicht nur im niedersächsischen Waldgesetz garantiert, der „Allgemeingebrauch des Waldes ist auch eine Errungenschaft der Französischen Revolution“. Bald werde es so weit kommen, dass Kletterer „ein Billet für den Brocken“ lösen müssten, fügte der Grüne Klein hinzu.

„Es wird keine Kassenhäuschen an niedersächsischen Wäldern geben – höchstens solche, die die Grünen bewachen“, erwiderte Gert Hahne, Sprecher des zuständigen Landwirtschaftsministeriums ungerührt. Otto-Normalwanderer müssten nicht für einen Waldspaziergang zahlen. Allerdings achte die Forstverwaltung zunehmend darauf, dass „Sondernutzungen“ vergütet werden müssen. Wenn Förster Mountainbike-Trails auf Gefahren prüften, entfielen Gebühren. Hahne: „Der Golfer zahlt auch für seinen Golfplatz.“

Außerdem bestätigte er, dass das Landwirtschaftsministerium im vergangenen Jahr auf eine striktere Einhaltung der Gebührenpflicht für die 60 Waldkindergärten im Land gedrungen hat. Förster prüften zwei Mal im Jahr, ob die Umgebung für die Kinder sicher sei. Dafür ist eine „Verwaltungskostenpauschale“ in Höhe von 250 Euro im Jahr fällig. Umgerechnet seien das etwa 12,50 Euro pro Kind – nicht zu viel für eine „permanente Betreuung“, meinte Hahne.

Kai Schöneberg