Lippenbekenntnisse à la Bush

Während US-Präsident George W. Bush bei seiner Afrikareise großzügige Unterstützung im Kampf gegen Aids zusagt,bewilligt der US-Kongress nur ein finanziell abgespecktes Hilfsprogramm. Demokraten sprechen von „moralischer Schande“

von MICHAEL STRECK
und MARTINA SCHWIKOWSKI

Es war eine peinliche Schlappe für US-Präsident George W. Bush. Während er auf seiner Afrikareise in Botswana vollmundig eine „großzügige“ Unterstützung im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit Aids zusagte und betonte, die USA seien „nicht nur ein mächtiges, sondern auch ein mitfühlendes Land“, geizt zu Hause der US-Kongress. Der für Auslandshilfen zuständige Ausschuss im Abgeordnetenhaus billigte am Donnerstag lediglich die Bereitstellung von 2 Milliarden Dollar im kommenden Haushaltsjahr für das von Bush wiederholt angekündigte Hilfsprogramm zur Aids-Bekämpfung in Entwicklungsländern.

Das wäre eine Milliarde weniger als von Bush angekündigt. Mit deutlicher Mehrheit stimmte hingegen der Senat für die Zahlung der geplanten 3 Milliarden Dollar. Das letzte Wort über die tatsächliche Höhe der Aids-Hilfe wird ein Vermittlungsausschuss zwischen beiden Parlamentskammern haben.

Nach den Plänen des Weißen Hauses sollen die USA in den kommenden fünf Jahren 15 Milliarden Dollar in die Diagnose, Behandlung und Prävention von Aids in afrikanischen und karibischen Staaten investieren. Das Abgeordnetenhaus macht nun – angesichts leerer Haushaltskassen – einen Rückzieher, nachdem es dem Plan im April ursprünglich mit großer Mehrheit zugestimmt hatte. Parlamentsvertreter verwiesen darauf, dass die Summe von 15 Milliarden Dollar lediglich als Richtlinie gedacht gewesen sei.

Der Unterausschuss im Abgeordnetenhaus, der die Hilfszahlungen überwacht, bewilligte die 2 Milliarden Dollar mit dem Hinweis, Bush selbst habe diese Summe angefordert, als er den Kongress um Finanzierung seiner Aidsinitiative für das Haushaltsjahr 2004 bat. Bushs viel versprechende Rhetorik habe zu falschen Vorstellungen über die tatsächliche Höhe der Hilfen geführt, räumte ein republikanischer Abgeordneter ein. Oppositionelle Demokraten reagierten auf das abgespeckte Hilfsprogramm mit scharfer Kritik. Die Haltung der Republikaner sei eine „moralische Schande“, sagte Jesse Jackson. Auch wurde der Vorwurf an die Bush-Regierung laut, lediglich Lippenbekenntnisse abzugeben.

Dieser Eindruck hinterließ Bush indessen auch in Afrika selbst. In Botswana, der dritten Station seiner Fünfländerreise hatte Bush noch die Notwendigkeit einer umfassenden Hilfe unterstrichen. „Aids ist der tödlichste Feind, dem Afrika je gegenüberstand, aber es wird ihm nicht allein entgegentreten“, sagte er. Das wirtschaftlich blühende Land produziert weltweit ein Drittel der Diamanten, ist jedoch einer der am schlimmsten von der Aidskrise betroffenen Staaten. Vier von zehn Erwachsenen sind mit dem HI-Virus infiziert.

In Uganda, dem Vorzeigebeispiel für eine erfolgreiche Verringerung der Infektionen, machte Bush eine Stipvisite und besuchte eine Aidsklinik.

Auch bei seinem Besuch in Südafrika am Mittwoch hatte sich Bush mit Südafrikas Präsident Thabo Mbeki dahingehend geäußert, die Aidskrise mit US-Hilfe eindämmen zu wollen. Südafrika werde einen Vorschlag einreichen, wie das Geld aus Amerika für Behandlungen und Medikamente genutzt werden soll, versicherte Mbeki.

Mark Heywood, Sprecher der Aidsaktivistengruppe Treatment Action Campagain (TAC) äußerte sich hingegen skeptisch. „Es gibt keine Anhaltspunkte, dass der Bush-Besuch das Denken der südafrikanischen Regierung verändert hat und sie zügig einen nationalen Behandlungsplan umsetzen wird“, sagte er. Es habe leider auch keine direkte Aussage von Bush in der Öffentlichkeit gegeben, dass Südafrika die Krise konkreter bekämpfen muss. Und versprochene Gelder seien an US-Interessen geknüpft, Anti-Aids-Medikamente bei amerikanischen Firmen einzukaufen.

Der Besuch des US-Präsidenten, der im westafrikanischen Senegal begann und heute in Nigeria zu Ende geht, habe für Afrika nicht viel gebracht, meint Shannon Field, stellvertretende Direktorin des Instituts für Globalen Dialog in Johannesburg. „Wenn guter Wille vorhanden wäre, hätte Bush auch konkrete Ankündigungen machen können. Es ist kein Papier unterschrieben worden und nichts über Südafrikas Zugang zu billigeren Medikamenten und freiere Handelsmärkte gesagt worden.“