Der Verursacher soll auch zahlen

Kieler Umweltminister Klaus Müller legt Entwurf für Bundesgesetz zur Gentechnik vor: Landwirte, deren Ernte durch Gentech-Pollen geschädigt werden, sollen Schadensersatz bekommen. Nur so kann ein Gentech-freier Anbau gewährleistet werden

von WOLFGANG LÖHR

Landwirte, die auf ihrem Acker Gentech-Pflanzen anbauen, sollen künftig Schadensersatz leisten, wenn Nachbarfelder durch Pollenflug kontaminiert werden. Das sieht ein Entwurf für ein neues Gentechnikgesetz der schleswig-holsteinischen Landesregierung vor, der gestern in den Bundesrat eingebracht wurde. Es sei höchste Zeit endlich „Planungs- und Rechtsicherheit für die betroffene Wirtschaft“ zu schaffen, sagte der Kieler Umweltminister Klaus Müller.

Für den grünen Landesminister ist die Klärung der Haftungsfrage einer der entscheidenden Punkte, um eine Koexistenz der verschiedenen Anbauformen sicherzustellen. Vor allem Bauern, die gentechfrei produzieren wollen, befürchten, dass dieses in Zukunft nicht mehr möglich sein wird, weil ihre Ernten gentechnisch verunreinigt werden. Ein abschreckendes Beispiel kommt aus Kanada, wo Biobauern aufgrund der Kontaminationen von den Nachbarfeldern schon den Anbau von Raps eingestellt haben. Schadensersatz bekommen sie dafür nicht.

So weit will es Müller nicht kommen lassen: „Hier sieht unser Gesetzentwurf vor, dass – nach dem Verusacherprinzip – diejenigen Landwirte entschädigt werden, die ohne gentechnisch veränderte Organismen produzieren wollen.“ Das wird dann sicherlich auch dazu führen, dass sich ein Landwirt genau überlegt, ob er Gen-Saatgut ausbringt. Damit die Bauern überhaupt wissen, wo in ihrer Region Gentech-Pflanzen angebaut werden und wer der Verursacher einer Verunreinigung sein kann, sollen alle Gentech-Felder in einem öffentlich zugänglichen Register eingetragen werden.

Ein neues Gentechnikgesetz ist eigentlich schon lange überfällig. Bereits vor zwei Jahren trat die neue EU-Freisetzungsrichtlinie in Kraft. In ihr wurden nicht nur die Genehmigungsverfahren für experimentelle Freisetzungen und das Inverkehrbringen von Gentech-Organismen grundlegend neu geregelt. Es wurde unter anderem auch vorgeschrieben, dass künftig für Gentech-Organismen ein Monitoring-Plan aufgestellt werden muss, der eine Überwachung der Folgewirkungen gewährleistet.

Bis Oktober 2002 hatte die Bundesregierung eigentlich Zeit, die EU-Regelungen in das Gentechnikgesetz zu überführen. Das zuständige Verbraucherschutzministerium von Renate Künast hat zwar einen Gesetzesentwurf ausgearbeitet. Bis jetzt konnte sie sich aber mit den anderen beteiligten Ministerien nicht auf den Gesetzestext einigen. Dass jetzt Schleswig-Holstein mit einem eigenen Entwurf vorprescht, sollte jedoch nicht als Konkurrenz zur Künast-Initiative missverstanden werden, betonte der Kieler Umweltminister. Ganz im Gegenteil: Die Position der grünen Bundesministerin soll unterstützt werden.

Mit der Kieler Bundesratsinitiative sind grüne Politiker erstmals mit wesentlichen Eckpunkten für die neuen Gentechnikregeln an die Öffentlichkeit gegangen. Bei der weiteren Diskussion um das Gentechnikgesetz werden sie schwerlich dahinter zurückfallen können.