Das Handwerk soll meisterhaft bleiben

Bundesrat nutzt Abstimmung über kleine Handwerksnovelle für Generaldebatte und ruft Vermittlungsausschuss an

BERLIN taz ■ Die von der Bundesregierung geplante Reform der Handwerksordnung stößt weiterhin auf heftigen Widerstand in den Ländern. Die Aussprache über die so genannte kleine Novelle im Bundesrat nutzen Vertreter von CDU-geführten Ländern gestern für eine Generaldebatte über das gesamte Projekt. Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (CSU) kritisierten, die Pläne seien im Ansatz falsch und gefährdeten das Handwerk. Der Entwurf, mit dem Rot-Grün Zulassungsbeschränkungen für die Ausübung einfacher handwerklicher Tätigkeiten streichen will, wurde an den Vermittlungsausschuss verwiesen.

Die Bundesregierung plant, den Zugang in die Handwerksberufe zu erleichtern und will die gesetzlichen Regelungen dafür dem europäischen Standard angleichen. Im Ausland ist ein mit dem deutschen Meister vergleichbarer Abschluss unbekannt. Die große Reform der Handwerksordnung sieht vor, den Meisterzwang in 65 Handwerksberufen aufzuheben. Nur in 29 Berufen soll für die Führung eines Handwerksbetriebs der Meisterbrief weiter Voraussetzung sein. Dies gilt für so genannte gefahrengeneigte Bereiche – wie etwa Bau- oder Kfz-Berufe. Außerdem soll Gesellen aus allen Bereichen nach zehn Jahren Berufserfahrung die Eintragung in die Handwerksrolle erleichtert werden. Die Neuregelungen für einfache Tätigkeiten hatte die Koalition ausgeklammert, weil sie Bildungsfragen nicht betrifft und der Bundesrat sie daher nicht blockieren kann.

Christian Wulff (CDU) warf der Regierung vor, die Novelle bedeute den Einstieg in den Ausstieg aus der Handwerksordnung. Rot-Grün lege die Axt an das bewährte System der dualen Berufsausbildung. Das Handwerk kennzeichne bisher hohe Ausbildungsleistungen und geringe Insolvenzen. Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) entgegnete, niemand wolle den Meisterbrief abschaffen. Kein anderes EU-Mitgliedsland habe gleich harte Kriterien wie Deutschland. Jeder Geselle aus den Nachbarstaaten dürfe sich hierzulande niederlassen. „Das nenne ich Inländerdiskriminierung“, sagte Clement an die Adresse der Union. Die verwies die Novelle jedoch anschließend mit ihrer Mehrheit in den Vermittlungsausschuss. Wird dort keine Einigung erreicht, bedeutet das nicht das Ende des Vorhabens, sondern der Bundestag müsste neuerlich befasst werden und dann mit Kanzlermehrheit zustimmen.

Die übrigen Gesetzentwürfe hingegen, die der Länderkammer gestern vorlagen, wurden durchgewinkt. So verabschiedete der Bundesrat das Besoldungsgesetz, das den Ländern Einschnitte beim Weihnachts- und Urlaubsgeld ermöglicht. Nach der so genannten Öffnungsklausel kann nun jedes Bundesland seinen Beamten die Sonderzahlungen kürzen oder streichen. Verabschiedet wurde auch das neue Urhebergesetz und das Gesetz zum Schutz vor 01 90-Nummern. Anrufe bei den teuren Hotlines dürfen nicht mehr als 2 Euro pro Minute kosten, nach einer Stunde muss die Verbindung getrennt werden. JÖRN KABISCH