Keine Verspätung

Ministerium: Zeitplan für Börsengang der Bahn bleibt. Gutachten soll Börsengang ohne Schienennetz prüfen

BERLIN taz ■ Der geplante Börsengang der Deutschen Bahn AG sorgt weiter für Stimmung: Als „völligen Quatsch“ bezeichnete gestern Verkehrsministeriumssprecher Felix Stenschke Berichte, nach denen sich der für 2006 geplante Börsengang wegen weiterer Gutachten um Jahre verspäten könnte. Klar ist – und das bereits seit zwei Wochen –, dass der Verkehrsausschuss des Bundestags auch ein Gutachten zur Börsenfähigkeit der bundeseigenen Aktiengesellschaft ohne Schienennetz haben will.

Bislang liegt in Sachen Börsenfähigkeit ein 1.500-Seiten-Konvolut der Investmentbank Morgan Stanley vor, das lediglich die von Bahnchef Hartmut Mehdorn favorisierte Variante der Teilprivatisierung des 35.000 Kilometer langen Schienennetzes und desTransportbetriebs geprüft hat. Ergebnis: Ein Börsengang ist machbar, kann aber nur dann klappen, wenn die Regierung mehr Geld gibt und der Konzern effektiver wirtschaftet.

Kritiker sehen in einem solchen integrierten Modell den Ausverkauf der Bahn: Das Netz „geriete in die Hand eines privaten Sharholders, und der hält keine Infrastruktur für das Allgemeinwohl vor, sondern guckt allein auf die Rendite“, so der grüne Bahnexperte Albert Schmidt gegenüber der taz. Nebenstrecken und die Versorgung in der Fläche hätten bei diesem „Modell Mehdorn“ keine Chance. „Einem solchen Rentabilitätsdruck darf man das Netz nicht aussetzen“, sagt Schmidt und verweist auf die desaströse Entwicklung in Großbritannien. Dort waren Netz und Transportbereich bis 1996 komplett privatisiert worden, notwendige Investitionen in die Infrastruktur unterblieben. Seit dem vergangenen Jahr versucht die Blair-Regierung, das marode Netz wieder unter staatliche Kontrolle zu stellen. Schmidt will dagegen das Schienennetz als Staatseigentum beibehalten, das aber – wie heute schon im Nahverkehr – mit klaren Auflagen an Betreiber wie die Bahn-Tochter DB Netz verpachtet werden könnte. „Wer sich dann bei diesem Unternehmen einkauft, würde automatisch auch diese Pacht übernehmen.“

Die Bahngewerkschaft Transnet lehnt die „Trennung von Netz und Betrieb“ weiter ab, weil dies auf eine Zerschlagung des Bahnkonzerns hinauslaufen würde. Transnet drängt auf eine rasche Entscheidung: „Der gegenwärtige Schwebezustand ist unerträglich“, so ein Sprecher zur taz.

Laut Verkehrsministerium ändert das Gutachten aber nichts am Zeitplan: „Es muss rechtzeitig zur Entscheidung 2005 vorliegen“, so Stenschke. Dies sei machbar, zumal noch offen ist, ob es ausgeschrieben werden muss – oder als Folgeauftrag an Morgan Stanley geht. STG