Deutschland will nicht bluten

Im Vorfeld von Fischers USA-Reise warnen Außenpolitiker von SPD, Grünen und Union: Keine deutschen Soldaten in den Irak. US-Senat beklagt Milliarden Dollar an Stationierungskosten

BERLIN taz ■ Führende Außen- und Sicherheitspolitiker von SPD und Grünen sowie der Opposition haben unmittelbar vor der USA-Reise von Außenminister Joschka Fischer (Grüne) die Bundesregierung davor gewarnt, deutsche Soldaten in den Irak zu schicken. „Deutschland darf keine Waffenhilfe für die USA im Rahmen eines völlig verfehlten Irak-Konzepts leisten“, sagte Ludger Volmer, außenpolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, der taz. Christian Schmidt, verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, äußerte gegenüber der taz seine Befürchtung, die Schröder-Regierung könnte eine mögliche deutsche Hilfe bei der Stabilisierung des Irak als „politisches Spielmaterial“ benutzen, „um wieder in den Klub der Wohlgelittenen aufgenommen zu werden“. Auch Gernot Erler, stellvertretender Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, hält die Entsendung deutscher Soldaten nicht für sinnvoll. „Damit würden wir allen unseren Argumenten widersprechen, mit denen wir unsere Ablehnung des Irakkrieges begründet haben“, sagte Erler dieser Zeitung.

Für die Bundesregierung stellt sich die Frage einer militärischen Hilfe im Irak offiziell nicht. Es gebe bislang keine offizielle US-Anfrage, deshalb sei auch keine Debatte nötig, heißt es. Als Voraussetzung, einen Bundeswehreinsatz überhaupt zu prüfen, nannte Regierungssprecher Anda „die Bitte einer legitimierten irakischen Übergangsregierung und ein klares UN-Mandat“. US-Verteidigungsminister Rumsfeld hatte am Mittwoch erklärt, er würde eine Beteiligung deutscher und französischer Soldaten an der Stabilisierung des Irak begrüßen. Der US-Senat wiederum hat den Einsatz von Nato-Truppen im Irak gefordert – auch wegen der monatlichen Kosten von knapp 4 Milliarden US-Dollar. Wie aus Nato-Kreisen verlautete, ist ohne ein entsprechendes UN-Mandat eine Zustimmung der Allianz nicht zu erwarten. Außerdem müsse bei einer Beteiligung das Kommando von den USA an die Nato übergeben werden. Der Irak ist auch Thema des viertägigen USA-Besuchs von Joschka Fischer, der am Montag beginnt. Fischer habe, was den Irak betrifft, allerdings keinerlei Angebote an die Amerikaner im Gepäck, heißt es im Auswärtigen Amt.

Er wolle sich zunächst von der amerikanischen Regierung über deren weitere Strategie im Irak informieren lassen. Gert Weisskirchen, Sprecher der Arbeitsgruppe Außenpolitik in der SPD-Bundestagsfraktion, verwies gegenüber der taz darauf, dass Deutschland genug andere Möglichkeiten habe, den USA im Kampf gegen den Terror zu helfen, z. B. durch eine Ausweitung des Bundeswehrmandats in Afghanistan. Christian Schmidt sagte, die Bundeswehr könnte theoretisch sowieso nur dann im Irak eingesetzt werden, wenn sie ihre Truppen in Afghanistan oder im Kosovo drastisch reduziere. „Die Bundeswehr“, so Schmidt, „hat ihre Schmerzgrenze erreicht.“ JENS KÖNIG

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