Kultur gehört zur unserer Tradition und Seele

Die SPD geht in der nordrhein-westfälischen Kulturpolitik auf Konfrontation zum Koalitionspartner und fordert eine Konzentration der knappen Fördermittel. Auch sei das Kulturressort ohne Not an die Grünen abgegeben worden

Krefeld taz ■ Die SPD-Fraktion fordert mehr Transparenz in der Landeskulturpolitik. Die Fördermittel sollen dafür neu konzentriert werden. „Immer weniger für alles ist keine Politik“, sagt Karsten Rudolph, der Sprecher der sozialdemokratischen Kulturinitiative in Nordrhein-Westfalen. Anlass war der Jahresempfang Kunst und Kultur in Krefeld, mit dem die Partei das Engagement der Kulturschaffenden und -Macher würdigen will.

Auch NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) und sein Landesparteivorsitzender Harald Schartau ließen sich das Kulturereignis bei Blutwurst-Schnittchen nicht entgehen. Steinbrück äußerte sich öffentlich zu seiner Festrede von Ende März beim NRW-Kultursekretariat in Wuppertal, bei der er behauptet hatte, das Abendland ginge nicht unter, wenn bei der Kultur gekürzt werde. Damit hatte er landesweiten Protest ausgelöst. „Er wollte unbedingt eingeladen werden“, hieß es in Veranstalterkreisen.

Zurückgenommen hat der Ministerpräsident den Ausspruch nicht. „Wenn man die Grenze zwischen Politik und Kunst überschreitet, holt man sich heiße Ohren und darf kein Glaskinn haben“, sagte Steinbrück. Er bewege sich eben in einem Minenfeld zwischen beengten Mitteln und einer Fülle an Kultur in Nordrhein-Westfalen.

„Die Kultur hat im Haushalt immer noch einen privilegierten Status“ sagt Steinbrück und verweist auf die millionenschweren Museums-Neubauten in Köln und Düsseldorf, die neue Philharmonie in Essen und die umgebaute Jahrhundert-Halle in Bochum. Überall sei noch nicht klar, wer die Betriebskosten in der Zukunft tragen muss. Auch habe man eine der dichtesten Kultur-Veranstaltungslandschaften Europas. Da sei es richtig, „mal nachzufragen, ob wir uns das alles leisten müssen“. Schuld an der Krise der Kulturbetriebe seien auch die letzten Koalitionsverhandlungen gewesen, weil man – ohne Not – das Kulturressort an den Koalitionspartner abgegeben hätte, sagt Hans-Georg Bögner, SPD-Mitglied und Leiter des NRW-Kulturrats.

„Kultur gehört zu unserer Tradition, zu unserer Seele“: Harald Schartau, Minister für Wirtschaft und Arbeit gibt sich hemdsärmlig bei seiner freien Rede. Er will, dass die Partei die Moderne mitmacht, ohne ihre Tradition zu verraten. Schartau lernt gerade dazu. Er muss gerade eine Anfrage zur Lebenssituation von Künstlern bearbeiten. „Wenn das stimmt, was in einer Studie von verdi aufgelistet ist, haben wir ein neues sozialdemokratisches Betätigungsfeld gefunden.“

Oliver Keymis, der kulturpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, kann die Vorwürfe des Koalitionspartners nicht verstehen: „Wie kann der Ministerpräsident so etwas sagen“. Der angeblich privilegierte Kulturetat im Haushalt habe, wie alle anderen Titel auch, dem Streichdiktat Rechnung getragen. Keymis hatte im letzten Monat in Düsseldorf eine Verdoppelung des Kulturetats gefordert. Denn der beträgt nur 0,27 Prozent des Haushalts. PETER ORTMANN