Blockade mit dem Elektrorollstuhl

Die Rocky Rolling Wheels vom TUS Hohenschönhausen landen bei der offenen deutschen Meisterschaft für Elektrorollstuhlhockey überraschend auf Platz drei. Im Turnier wurde gar der Rekordmeister aus München geschlagen

Manchmal kracht es gewaltig, wenn die Hockeyspieler in den Elektrorollstühlen auf dem Spielfeld aneinander geraten. „Aber Verletzungen gibt es kaum“, weiß Rainer Hanisch. Der 60-Jährige trainiert die „Rocky Rolling Wheels“ vom TuS Hohenschönhausen, die einzige E-Hockeymannschaft Berlins.

Auch bei den Offenen Deutschen Meisterschaften, die die E-Hockey-Cracks am Wochenende in Berlin abhielten, blieben am Ende alle unverletzt. Das Turnier in der Lichtenberger Paul-und-Charlotte-Kniese-Schule bestätigte einmal mehr die Dominanz der „Munich Animals“. Der Rekordmeister aus Süddeutschland holte sich den Titel vor den „Ruhr Rollers“ von Tusem Essen und den Berlinern. „Der dritte Platz ist ein großer Erfolg. Ich bin sehr zufrieden mit den Jungs“, sagt Hanisch.

Vor den Meisterschaften hatten Trainer und Team mit einem Platz unter den ersten drei nur aus der Ferne geliebäugelt. Doch mit einem hervorragenden zweiten Rang nach der Vorrunde hatten sich die „Rolling Wheels“ ungefährdet für die Finalspiele am Samstag qualifiziert. Unbestrittener Höhepunkt: Das 3:2 im Eröffnungsspiel gegen die „Animals“ aus der bayerischen Landeshauptstadt. Nach einem 0:2-Rückstand bewiesen die Berliner Moral und bogen das Spiel noch um. Für den alten und neuen Meister aus München war es die erste Niederlage seit 15 Jahren.

„Noch ist alles offen. Platz eins bis drei ist möglich“, zeigte sich Hanisch vor den entscheidenden zwei Partien dementsprechend optimistisch. Dann aber folgten eine unerwartet 1:4-Schlappe gegen Essen und ein deutliches 3:8 gegen München. Es wäre mehr drin gewesen, gibt der Trainer zu: „Nach der guten Vorrunde war bei uns ein wenig die Luft raus.“

Doch das Ergebnis spielt ohnehin nur die zweite Rolle, wenn sich die Rollstuhlfahrer im E-Hockey messen. Für die Behinderten sei der Sport viel mehr als nur ein Zeitvertreib, erklärt Hanisch. „Wir wollen zeigen, dass selbst Menschen mit schwersten Behinderungen Sport treiben können.“ Integration statt Ausgrenzung heißt das Motto der E-Hockey-Abteilung des TuS Hohenschönhausen.

Hanisch, schon zu DDR-Zeiten im Versehrtensport tätig, bemerkt bei seinen Spielern positive Entwicklungen: Nicht nur das Selbstbewusstsein stärke der Sport. Das E-Hockey sei auch Therapie. „Es gibt Spieler, die am Anfang den Schläger kaum festhalten können“, berichtet Hanisch. Mit der Zeit käme die Kraft in den Armen zurück. Auch die Koordination werde gefördert.

„Das Hockey gibt mir einen unheimlichen Push“, bestätigt Marcos Muzima. Der 33-Jährige aus Mosambik ist Mannschaftskapitän und die zentrale Figur im Spiel der Berliner. „Unser Spiel ist auf Marcos zugeschnitten“, erklärt der Trainer. Deshalb ruft er seinen Spielern immer wieder den gleichen taktischen Befehl zu: „Block bilden!“ So soll der Weg zum Tor für Muzima frei gemacht werden.

In der Vorrunde hatte das wichtige Blocken noch gut geklappt. Am Samstag setzten die Spieler die taktische Marschrute des Trainers nicht mehr ganz so erfolgreich um. „Die Jungs haben zu viele individuelle Fehler gemacht“, analysiert Hanisch, ergänzt aber direkt: „Wir spielen in dieser Konstellation erst seit zwei Jahren zusammen, da klappt es mit der Taktik eben noch nicht ganz so gut.“

Nicht weiter schlimm: Erst in ein bis zwei Jahren wollen sich die Berliner auch spielerisch unter den besten drei Mannschaften in Deutschland etabliert haben. Momentan läuft vieles noch über Kampf und Einsatz. Das hat auch der Coach bemerkt, ist aber eigentlich recht froh darüber: „Die Mannschaft gibt nicht mehr so schnell auf wie früher.“ So kann man auch mal den Rekordmeister schlagen. MARTIN GROPP