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berliner szenen Kostüme am Ku’damm

Ein echter Flitzer

In dem Zu-kleine-Klamotten-Laden am Ku’damm, in den ich gestern auf den Bus wartend hineinbummelte, muss Al Johnson vor mir eingekauft haben. Oder eine Zu-kleine-Klamotten-Saboteurin: Alle weißen T-Shirts, die ich anprobieren wollte, hatten vorne am Ausschnitt braune Make Up-Spuren. Ich checkte die Größen XXS (spaßeshalber!) bis M (das steht in diesem Laden für Megagroß), aber das Make-up-Gesicht hatte keins ausgelassen. Im Laden selbst sah keine der anwesenden Damen nach dicker Schminke aus, es wirbelten eher dünne, Gummilatschen tragende Teenies im „Natural Look“ umher. Doch zurück auf der Straße beobachtete ich, wie eine verdächtige, ultra-sonnenbraune Person in einen Schuhladen flitzte. Wenn ich eine verzweifelte Haute-Couture-Designerin wäre, dann würde ich gezielte Label-Sabotage betreiben und, unauffällig hinter einer dicken Schicht Clownsschminke versteckt, durch die Konkurrentenshops marodieren und alle engen Chiffon-Lätzchen anprobieren.

Später am Nachmittag entdeckte ich vom Bus aus noch das komplette Gegenteil von jeglicher Art von Faser: Mitten auf der Skalitzer Straße wanderte ein echter Flitzer zwischen den hupenden Autos entlang. Mein Gott, dachte ich aufgeregt, mein erster Flitzer. Denn ich glaube, dass Flitzer sehen Glück bringt. Jetzt, wo kaum noch Schornsteinfeger unterwegs sind und auch nicht mehr wirklich viele Hufeisen auf der Straße liegen bleiben, wird es schließlich Zeit für eine angenehmere Variante zum Glückbringen als von einer Taube angeschissen zu werden. Und da sind nackte Männer nicht das Schlechteste. Glaubwürdiger als inflationäre nackte Frauen jedenfalls, wenn die Glück bringen, dann tun das auch dreiblättrige Kleeblätter. JENNI ZYLKA

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