unterm strich
:

Lieber Gerhard Schröder. Zuhausebleiben hat auch Vorteile. Man liegt zum Beispiel im Trend. Starjournalist Harald Peters hat es an anderer Stelle in dieser Zeitung einmal so ausgedrückt: „Der Mensch von heute befindet sich wieder auf dem Rückzug ins Private. Statt sich auf kalten Straßen den Realitäten zu stellen, bequemt er sich in seine Wohnung und lässt die Welt draußen vor.“ Man kann einmal wieder den Garten in Ordnung bringen und die aus den Blick geratenen eigenen vier Wände neu studieren. Sollte einen die Italiensehnsucht in diesem Sommer dann aber doch einmal packen, kann man immer noch kurz mal nach Bochum fahren. Die Ausstellung „Neapel – Bochum – Rimini“ dokumentiert im Westfälischen Industriemuseum „Zeche Hannover“ den Alltag der ersten italienischen Gastarbeiter. Zum anderen deuten alte Plakate, Schlager und Souvenirs die Italiensehnsucht im deutschen Wirtschaftswunderland. Die Ausstellung läuft bis 26. Oktober. Zur Eröffnung startete das Industriemuseum auch eine Umfrage zum deutsch-italienischen Verhältnis. Interessierte können sich unter der Telefonnummer (02 51) 5 91-32 25 beteiligen.

Als ob es nicht schon reichen würde, dass in letzer Zeit jeder Kulturschaffende und jeder Kulturkonsumierende in ganz Deutschland nach Berlin ziehen würde. Das meint auch der Präsident der Kulturpolitischen Gesellschaft, Oliver Scheytt. Deshalb darf sich die Kulturpolitik des Bundes jetzt nicht auch noch auf den allgemeinen Trend einigen und die Förderung auf Opern oder Museen in Berlin beschränken, meint er. „Auch in anderen Städten Deutschlands gibt es national bedeutsame Kultureinrichtungen, für die der Bund seine Verantwortung aktiv wahrzunehmen hat.“ Scheytt hat die berechtigte Sorge, „dass die Konzentration von Politik und öffentlicher Diskussion auf Berlin dafür den Blick verstellt“. Die Kulturpolitische Gesellschaft mit Sitz in Bonn zählt zu ihren rund 1.500 Mitgliedern aus Kunst, Wissenschaft und Kulturvermittlung 50 Kulturdezernenten von Kommunen. Die jüngste Ankündigung von Kulturstaatsministerin Christina Weiss, die Berliner Kultureinrichtungen mit jährlich mehr als 20 Millionen Mark zu unterstützen, sei „grundsätzlich erfreulich“. Damit werde auch die Basis für eine Strukturreform der Berliner Opernlandschaft gelegt. Diese Summe wie auch jene von hunderten Millionen Euro zum geplanten Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses sei aber „ein Schwindel erregender Betrag angesichts der Finanzprobleme vieler bedeutender Kultureinrichtungen der Länder und Kulturmetropolen in Deutschland“.