Gesundheitsreform von Tag zu Tag sinnvoller

Schmidt und Seehofer loben Konsensgespräche. Gleichzeitige Auslagerung von Krankengeld und Zahnersatz möglich

BERLIN afp/rtr/taz ■ Aus „Mitte Juli“ wird wohl nichts. Die Verhandlungen zur Gesundheitsreform, sagte Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am Samstag, könnten sich noch bis zur letzten Juliwoche hinziehen. „Mitte Juli“ war die Marke, die Kanzler Gerhard Schröder und Oppositionsführerin Angela Merkel nach ihrem vertraulichen Plausch vor zweieinhalb Wochen angegeben hatten.

Am Wochenende nun gaben die beiden Verhandlungsführenden Ulla Schmidt und Horst Seehofer (CSU) bekannt, die ersten neun Verhandlungstage seien so gut gelaufen, dass sie ab morgen weitermachen wollten. Seehofer sagte, man sei gut vorangekommen: „Der Sinn hat sich in den letzten Tagen erhöht.“

Möglich, dass der Sinn in Frage steht, sobald die Parteichefs sich mit den strittigen Punkten der Gesundheitspolitik befassen. Dass dies jedoch nötig werden könnte, gab Schmidt zu. Seit gestern werden die Spitzen von Fraktionen und Parteien über den Zwischenstand der Verhandlungen unterrichtet.

Inhalte zum zu verhandelnden Kompromiss wurden weiterhin nicht offiziell bekannt. Die Frankfurter Rundschau wusste am Wochenende, Ziel der Reform sei mittlerweile eine Ersparnis von 25 statt der bisher angepeilten 20 Milliarden Euro. Nur diese Summe gewährleiste, dass die Kassenbeiträge von durchschnittlich 14,4 auf 13 Prozent sinken könnten.

So viel Geld wäre jedoch nur aufzubringen, wenn die Hauptbrocken von Regierung und Opposition addiert würden: wenn also nicht nur das Krankengeld (SPD-Forderung), sondern auch der Zahnersatz (Unionsforderung) allein vom Arbeitnehmer getragen würden. Wohl aus diesem Grund reißen die Gerüchte nicht ab, dass Krankengeld und Zahnersatz gemeinsam extra versichert werden sollen – unter dem Dach der gesetzlichen Versicherung. Dann hätte die Union zwar ihren Zahnersatz, müsste sich jedoch davon verabschieden, den Privatkassen 70 Millionen neue Kunden zuzuführen. Ein solches Kombisparpaket würde die Lohnnebenkosten um etwa 0,7 Prozent reduzieren, die Arbeitnehmer müssten etwa 15 bis 20 Euro im Monat draufzahlen.

Ob außer den gesetzlich Versicherten noch jemand für die Reform zahlen wird, bleibt vorerst dahingestellt. Angeblich soll die Union ihren Widerstand gegen die Liberalisierung des Medikamentenhandels aufgeben, wenn die SPD dafür auf die Qualitätskontrolle in der Medizin bei Ärzten und Kassen verzichtet. UWI

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