Im Herbst wird alles gut

Das Tauziehen um die Ministererlaubnis zur Fusion im Berliner Zeitungsmarkt schleppt sich in die Sommerpause. Der schwarze Peter namens „Tagesspiegel“ liegt nun wieder bei Wolfgang Clement

von STEFFEN GRIMBERG

Was haben bloß alle gegen Bauer? Jenen „grundsoliden“ (Welt am Sonntag) Fastmarktführer in der Welt der Programm-, Jugend- und Frauenzeitschriften, den selbst ernannten „Fels in der Brandung“ (Jahresbericht 2002) inmitten der großen Medienkrise?

Da wollte Bauer ganz im Sinne der Deutschland-AG die Reste des Kirch-Reichs retten, damit sie nicht in ausländische Mogulenhände fallen – doch die Insolvenzverweser gaben schnöde einem gewissen Haim Saban den Vorzug. (Nur um jetzt auf dem ganzen Krempel sitzen geblieben zu sein.)

Und auch bei der quasi amtlich verfügten Rettung des Tagesspiegel ließen sich die tapferen Hanseaten wieder in die Pflicht nehmen: 20 Millionen Euro soll das Gebot des Hamburger Verlagshauses für das hoch verschuldete Prestigeblatt der Verlagsgruppe Holtzbrinck betragen. Doch die winkt ab – schließlich will sie den Tagesspiegel gar nicht verkaufen, sondern mit dem Verlagsbereich der Berliner Zeitung fusionieren.

Als „taktisches Manöver im Fremdinteeresse“, so der Spiegel, habe Holtzbrinck die Bauer-Offerte in einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) bezeichnet und „erheblichen Zweifel an der wahren Interessenlage des Bauer-Verlags“ angemeldet. Gemeint ist die Axel Springer AG, die sich wie auch die taz gegen eine weitere Fusion im Berliner Zeitungsmarkt stemmt.

Doch der Holtzbrinck-Brief ist auch taktisches Manöver im Eigeninteresse: Clement hatte dem Tagesspiegel ja aufgetragen, seine „Nichtverkäuflichkeit“ zu beweisen. Denn nur dann kommt die Ministererlaubnis in Frage, die den vom Kartellamt untersagten Holtzbrinck-Einstieg bei der Berliner Zeitung doch noch möglich macht. Zwei Monate haben so 35 Interessenten mit der von Holtzbrinck beauftragten Privatbank Sal. Oppenheim das Spiel „Kauf mich, aber nicht wirklich“ betrieben. Und bei den meisten passt das ja auch: Der Focus meldet jedenfalls, der Süddeutsche Verlag habe gerade einmal 1 Euro für den Tagesspiegel geboten, und das Blatt zu einer 15-köpfigen Berliner Lokalredaktion der Süddeutschen Zeitung degradieren wollen.

Bei Bauer liegt die Sache auf den ersten Blick anders: 20 Millionen Euro sind im Vergleich zu den 200 Millionen, die Holtzbrinck 2002 für den Berliner Verlag auf den Tisch legte, zwar wenig. Doch zu viel hat der gelernte Drucker und Verlagschef Heinz Bauer noch nie bezahlt, schon gar nicht für ein nach eigener Darstellung höchst unrentables Blatt wie den Tagesspiegel.

Woher kommen also nur die Bauer-Aversionen? Vielleicht liegt es an Stil und Qualität des bisher einzigen täglichen Bauer-Titels: Wer die den Norden Sachsen-Anhalts dominierende Magdeburger Volksstimme zur Hand nimmt, sieht gleich, warum der Verleger Heinz Bauer in der Branche als radikaler Sparer gilt.

Öffentlich Stellung nehmen zum Stand der Dinge will bei Bauer derzeit niemand, doch „trotz der Enttäuschung über das bisherige Verfahren“, zitiert der Spiegel aus Bauer-Papieren, wolle der Verlag am Ball bleiben.

Egal wie dass Ergebnis aussieht: Der Verlierer dieses Runde im Berliner Zeitungskampf heißt Wolfgang Clement. Der Wirtschaftsminister hatte durch die unsinnige Verkaufsprüfung den schwarzen Peter weiterzuschieben versucht. Jetzt hat er ihn wieder zurück – und eine Entscheidung auf den Herbst vertagt. Schönen Sommer allerseits.