Keine Orchideen mehr für Yang Bin

Chinas schillerndster Millionär wurde wegen Betrugs und Korruption zu 18 Jahren Gefängnis verurteilt

PEKING taz ■ Kein Traum schien Chinas schillerndstem Unternehmer Yang Bin zu kühn, kein Geschäft unmöglich. Als Meister des „Guanxi“ – der Beziehungspflege zu wichtigen Politikern – brachte der Sohn einer armen Nankinger Familie es schon in jungen Jahren zu einem sagenhaften Vermögen. Auf 900 Millionen Dollar schätzte es die Zeitschrift Forbes 2001. Yang galt damit als zweitreichster Chinese. Gestern wurde der 40-Jährige von einem Gericht in Shenyang in Nordostchina wegen Betrug und Korruption zu 18 Jahren Haft verurteilt.

Die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Orchideenhändlers Yang ist zugleich ein Lehrstück über den wilden Kapitalismus, der sich seit den Achtzigerjahren in China entwickelt hat. Die Aktivitäten des Geschäftsmanns reichten sogar bis nach Nordkorea. Dort hatte er sich im September plötzlich zum „Gouverneur“ einer Wirtschaftssonderzone in Shinuiju an der chinesischen Grenze ernennen lassen – zum Ärger der Pekinger Regierung, die ihn daraufhin unter Hausarrest stellte.

Den Grundstock zu seinem Vermögen hatte der ehrgeizige Yang gelegt, nachdem er 1987 ins niederländische Leiden gegangen war. Dort studierte er Ökonomie. Nach dem Tiananmen-Massaker 1989 erwarb er die holländische Staatsbürgerschaft. Mit allerlei Jobs sparte er 10.000 Dollar zusammen, die er in Textilgeschäfte investierte.

Nur wenige Jahre später, 1994, kehrte er mit 20 Millionen Dollar in seine Heimat zurück. Mit dem Export von Orchideen und Schnittblumen vermehrte er das Vermögen seiner „Euro-Asia-Gruppe“. Hinzu kamen bald riesige Immobiliengeschäfte. Sein spektakulärstes Projekt: Außerhalb der Industriestadt Shenyang ließ er für rund 700 Millionen Dollar ein „Holland-Dorf“ bauen – komplett mit Grachten, Windmühlen, einer Kopie des königlichen Schlosses, des Bahnhofs von Amsterdam und des Internationalen Gerichtshofs von Den Haag.

Yang, der seinen Reichtum gern zur Schau stellte, konnte all dies nur mit Hilfe mächtiger Männer erreichen: Im vergangenen Jahr ließen sich der damalige Vizepremier Li Lanqing, Provinzparteichef Wen Shizhen und der Liaoninger Gouverneur Bo Xilai beim Besuch im „Holland-Dorf“ mit Yang fotografieren. Vor Gericht wurde Yang unter anderem beschuldigt, einen örtlichen Funktionär mit 20.000 Dollar bestochen zu haben, der seinen Sohn damit in Deutschland studieren ließ. Eine lokale Grundstücksbehörde habe er mit rund 100.000 Dollar geschmiert.

Außerdem soll er rund 10 Millionen Dollar Steuern hinterzogen haben. Allerdings will Yang im Jahr 2001 einen Teil der ausstehenden Steuern an die Stadt Shenyang geliehen haben, um lokalen Politikern aus der Patsche zu helfen. Die brauchten das Geld, um gegenüber Peking zu behaupten, sie hätten den von der Zentralregierung geforderten Mindestbetrag an ausländischen Investitionen erzielt.

Kein Wunder, dass die lokalen Medien, die von den Provinzpolitikern kontrolliert werden, kaum über den Fall berichteten – anders als die Pekinger und die internationale Presse. Für seine Vergehen hatte Yang sogar eine lebenslange Haftstrafe gedroht. Dennoch empfindet seine Familie das Urteil, 18 Jahre Haft, als „hart und ungerecht“. Yang ließ dann auch ausrichten, er werde in Berufung gehen. JUTTA LIETSCH