Sind Sie reformbereit?
: „Klare Ansagen von oben“

Der Berliner Politikbetrieb macht Urlaub. Die Reformdebatte führen jetzt die, die es wirklich betrifft – wir alle. Deshalb geht die taz auf die Straße und fragt: Sind Sie reformbereit?

Karin Topka, 51, Erzieherin:

„Ich warte erst mal ab. Denn eine Reform wird von der anderen abgelöst, dann gibt es wieder eine Reform für die Reform, und ich glaube, die Politiker wissen selbst manchmal nicht, wie unausgegoren das ist, was aus ihrem Mund rauskommt und was sie dann den Leuten auf der Straße versuchen zu vermitteln und dann merken, oh, so können wir es nicht machen, wir müssen es doch wieder umschmeißen. Sie sollten im stillen Kämmerlein mehr überlegen, um dann klare Aussagen zu machen.

Reformbereit ist wohl jeder – wenn von oben klare Ansagen kommen! Aber man kann nicht nur vom kleinen Mann Reformen erwarten. Die von der Regierung müssen auch bereit sein, für sich die gleichen Reformen anzuwenden.

Ich arbeite seit 32 Jahren als Erzieherin an einer Schule für geistig Behinderte. Ich habe ein gutes Gehalt, aber ich habe rundrum Bekannte, die nicht so gut verdienen. Denen wird es sicher nicht besser gehen. Wenn man sieht, was einer, der wenig verdient, an Steuerermäßigung hat, und jemand, der viel verdient, dann klafft das weit auseinander. Das macht bei manchen vielleicht gerade mal 50 Euro im Monat aus. Das ist doch ein Witz! Dann kommt eine Mieterhöhung, die Fahrpreise werden erhöht, Strom und Wasser ebenfalls. Da fragt sich natürlich jeder, wo soll das hinführen, wenn die Großen immer mehr Geld in der Tasche haben und die Kleinen immer weniger. So kann man nicht die Konjunktur ankurbeln.

Die Leute müssten auf die Straße gehen. Wir Raucher zum Beispiel könnten demonstrieren und sagen, wir hören mal auf zu rauchen. Dann würde der Staat dumm dastehen mit seinen geplanten Steuereinnahmen.“Aufgezeichnet von
BARBARA BOLLWAHN