Technische Uni gibt den Geist auf

Unter dem Sparzwang verabschiedet sich die Technische Universität von ihren Geisteswissenschaften und nennt das „Profilschärfung“. 62 Profs und rund 3.300 Studienplätze werden abgebaut. Abschmelzung in allen 8 Fakultäten

29,7 Millionen Euro, das ist die Summe, die die Technische Universität in den nächsten Jahren einsparen soll. Auf dem Weg zu diesem Ziel will sich die Traditionshochschule nun von einem wesentlichen Aspekt ihres Selbstverständnisses verabschieden: dass Geistes- und Ingenieurwissenschaften gleichberechtigt angeboten werden.

Am Mittwoch vergangener Woche nahm der Akademische Senat der TU den neuen Strukturplan, der dies zum Programm macht, mit 14 zu 11 Stimmen an. Zuvor hatten sich die drei Berliner Unis intensiv abgesprochen, so TU-Präsident Kurt Kutzler. Das Streichkonzert ist notwendig geworden, nachdem der rot-rote Senat den drei Hochschulen eine Sparsumme von insgesamt 75 Millionen Euro diktiert hatte, wovon die TU das größere Drittel schultern muss.

Was wird also anders? Ganz gestrichen wird das TU-Angebot der Lehrerfortbildung – mit Ausnahme der Berufsschullehrer. Mit dieser Entscheidung folgt die TU einer Empfehlung des Wissenschaftsrates. Auch Wissenschaftssenator Thomas Flierl (PDS) hatte zuvor der Uni signalisiert, dies sei sparrelevant. Das Land müsse in Zukunft die Lehrerfortbildung mit eigenen Mitteln organisieren.

Ganz entfallen künftig die Magisterstudiengänge in den Geisteswissenschaften, die mit dem Lehramtsabschluss parallel gehen. Erhalten bleiben die Zentren für Antisemitismusforschung und für Frauen- und Geschlechterforschung. Das Frankreichzentrum wird der FU übereignet.

Akzente will die TU künftig in den Ingenieurswissenschaften setzen. In den Naturwissenschaften soll „anwendungsnah“ ein wichtigeres Kriterium werden. In den Wirtschaftswissenschaften „wird auf Lücke zu den anderen beiden Universitäten gelehrt“, so Kutzler, also speziell Wirtschaftsingenieure ausgebildet. Besonderes Augenmerk werde auf die Management-Ausbildung von Ingenieuren und Naturwissenschaftlern gelegt. Auch der Fachbereich Psychologie werde sich nur noch mit den Zusammenhängen Mensch-Maschine beschäftigen, etwa Verkehrssicherheit und Kommunikation. Auch die Soziologie werde sich künftig ganz auf die Techniksoziologie konzentrieren müssen. Der Studiengang Geodäsie – Erdvermessung – soll eingestellt werden, stattdessen bietet die TU einen Master in Geoinfosystemen. Dazu erhält das neue Fach zwei neue Stellen in Kooperation mit den Raumfahrtforschern vom DLR und dem Geoforschungszentrum Potsdam. Der klassische „Technische Umweltschutz“ wird ersetzt durch Environmental Engineering. Chemie wird zusammengelegt mit der Biotechnologie.

Bei den TU-Architekten soll die Zahl der Zulassungen von 340 auf 120 sinken, also um ein Drittel gekürzt werden. Außerdem werden ab Herbst dort BAs und Masterabschlüsse mit verschiedenen Komponenten angeboten.

Für die TU-Mitarbeitenden bedeutet dies, dass laut Strukturplan bis 2009 insgesamt 62 Professuren samt ihrer Ausstattung, das heißt rund 240 Mitarbeitende sowie rund 50 Verwaltungsstellen – sozialverträglich – wegfallen werden, davon allein 25 Professuren in den Geisteswissenschaften und der Lehrerfortbildung. Gespart werden soll auch bei den zentralen TU-Einrichtungen und bei der konsumtiven Ausstattung. A la longue bedeute dies auch, so der TU-Präsident, den Wegfall von rund 3.300 Studienplätzen. Da auch FU und HU sparen müssten, summiere sich der Studienplatzverlust auf knapp 10.000. Insgesamt schafft die Hochschule damit eine Sparsumme von 26,53 Millionen Euro. Um die noch ausstehenden, vom Senat geforderten, knapp drei Millionen werde hart verhandelt werden müssen, sagte Kutzler. AW