Ein Minicomputer im Körper soll den Krebs besiegen

Eine neue Art von Computer macht Furore: So sollen winzige DNA-Rechner im menschlichen Körper entstehenden Krebs schon im Ansatz bekämpfen

Im Kampf gegen Krebs scheinen Wissenschaftler einen großen Sprung nach vorn gemacht zu haben. Die Forscher um Ehud Schapiro vom Weizmann Institute of Science in Rehovot, Israel, haben einen winzigen DNA-Computer entwickelt, der im menschlichen Körper Krebs erkennen und auch bekämpfen soll. Vom Prinzip her handelt es sich um ein sehr kleines Schaltelement, das auf biochemischer Basis funktioniert, statt mit Elektronen. Nach Angabe der israelischen Forscher passen in einen einzigen Wassertropfen etwa eine Billion solcher Kleinstrechner. Eingabe, Ausgabe und „Programm“ des Minicomputers bestehen aus DNA-Molekülen. Als „Hardware“ benutzt das Element zwei natürliche Enzyme, die die DNA verändern. Eine wichtige Rolle spielt auch die Basensequenz an einem bestimmten Teil der DNA-Stränge, dem „klebrigen Ende“.

Im Körper zirkulierende Botenstoffe können an den DNA-Computer andocken und in bestimmten Fällen die Enzyme veranlassen, charakteristische Biomoleküle zu erzeugen. Da bei vielen Krebsarten Menge und Art der Botenstoffe variieren, kann der Mediziner diese Krankheit schon in einem frühen Stadium erkennen: Weichen nämlich diese Werte von einer Norm ab, setzt der DNA-Computer die spezifischen Eiweißmoleküle frei. Dieser „Schaltvorgang“ entspricht dann in der Elektronik dem Wechsel von der digitalen Null auf die Eins. Die so entstandenen Biomoleküle lassen sich im Blut nachweisen und dienen als Nachweis für die Erkrankung.

Die Wissenschaftler gingen gar noch einen Schritt weiter. Sie verknüpften diesen Nachweis zusätzlich mit einem automatisierten Abwehrsystem. So sollen die bei einer Erkrankung freigesetzten Proteine die Krebszellen selbst bekämpfen.

Der Vorteil dieser Therapie: Sie sei für den Menschen vollkommen schmerzfrei, heißt es. Ein Patient, mit Milliarden dieser Minirechner „geimpft“, würde vom heilenden Abwehrkampf in seinem Körper nahezu nichts merken.

„Solche Module könnten sich zur Schlüsselanwendung für DNA-Computer entwickeln“, urteilt Lloyd Smith von der University of Wisconsin in Madison, USA. Doch schränkt Ehud Schapiro kritisch ein, sie seien „von einer klinischen Anwendung noch Jahrzehnte entfernt“. Denn was im Labor bislang mit Lungen- und Prostatakrebszellen hervorragend funktioniert, ist lange nicht geeignet für eine Anwendung beim Menschen.

Langfristig hoffen die Weizmann-Forscher allerdings, diese Methode auf weitere Krebsarten ausdehnen zu können. Mehr noch: Die israelischen Biochemiker denken sogar daran, eines Tages beliebige Wirkstoffe an das DNA-Element zu heften. Auf diese Weise könnten Forscher dann in großem Stil in die Prozesse der Zelle eingreifen. JOACHIM EIDING