Die Kameralistik stirbt in den Kommunen

Landesregierung bringt „Neues Kommunales Finanzmanagement“ in den Landtag ein – bezahlen müssen die Städte

DÜSSELDORF taz ■ Ab 2008 sollen die NRW-Kommunen wie Unternehmen haushalten. Die Landesregierung will demnächst den Entwurf des „Gesetzes über ein Neues Kommunales Finanzmanagement (NKF) für Gemeinden im Land Nordrhein-Westfalen“ in den Landtag einbringen. Das hat das rot-grüne Kabinett in Düsseldorf beschlossen. „Wir liefern den Kommunen damit eine sehr gute Grundlage für modernes wirtschaftliches Handeln: Ein kaufmännisch geprägtes, kommunales Rechnungswesen“, sagt NRW-Innenminister Fritz Behrens (SPD). Jetzt müssten die Städte und Gemeinden ihre Chancen nutzen. Auch die Kosten der Reform müssen die Kommunen selbst tragen. Neue Buchhaltungs-Software, Mitarbeiterschulungen und weitere Folgekosten kommen auf die NRW-Städte zu.

Während die kommunalen Spitzenverbände sonst lautstark gegen neue Finanzlasten für ihre Klientel protestieren, verhalten sich die Vertreter der Städte und Gemeinden beim Thema NKF auffällig ruhig. Dabei hat allein die hoch verschuldete Stadt Duisburg 12 Millionen Euro für das NKF-Projekt verplant. Viele Kollegen seien von dem neuen System nicht überzeugt, zudem gebe es Probleme mit der Software des Anbieters SAP, sagte der Duisburger Projektleiter Wolfgang Nickenig bereits beim Start des Vorhabens. Die Städte hätten sich dennoch mit der Reform abgefunden, sagt ein Vertreter des Städte- und Gemeindebund NRW. „Man kann auch von Resignation sprechen.“

Der finanzielle Aufwand sei für die Kommunen überschaubar und leistbar, behauptet dagegen Innenminister Behrens und verweist auf die Vorteile des neuen Systems. Das Neue Kommunale Finanzmanagement ermöglicht es, die Vermögenslage einer Kommune übersichtlich darzustellen. NKF ersetzt das althergebrachte kameralistische Rechnungswesen. „Eine Stadt ist heute mit einem großen Konzern zu vergleichen: Deshalb braucht das Unternehmen Stadt auch eine betriebswirtschaftliche Buchführung.“

Weiterhin unklar ist, wann die Landesverwaltung auf das kaufmännische Rechnungswesen umsteigt. Möglicherweise hängt die schleppende Vorbereitung der Landesregierung mit den schlechten Erfahrungen im Nachbarland Hessen zusammen: Zum politischen Skandal geriet die Systemeinführung in Hessen. Hessens CDU-Finanzminister Karlheinz Weimar hatte die Gesamtkosten für die Einführung des Systems auf 50 Millionen Euro beziffert. Mittlerweile musste der Christdemokrat einräumen, dass er sich gründlich verschätzt hat. Allein bis Ende 2004 muss das Bundesland insgesamt 250 Millionen Euro ausgeben – und mit Folgekosten in dreistelliger Millionenhöhe rechnen. MARTIN TEIGELER