Strom an!

Grün soll er sein, der Strom. Doch was das heißt, da sind selbst Umweltschützer sich nicht grün

Schwarz-weiß schlägt alle Farben. Denn schwarz auf weiß muss vom 1. Juli an auf der Stromabrechnung stehen, auf welche Weise der Strom, der aus der Steckdose kommt, erzeugt wurde. Roter, gelber, grüner, blauer Strom? Künftig muss offengelegt werden, zu welchem Anteil Kohle, Atom, Gas oder Wasser-Wind-Sonne-Biomasse dahinter steckt.

Bei Kunden der Bremer swb wird das Etikett etwa Folgendes ausweisen: 88 Prozent Kohle, Gas und Öl (Strom, der größtenteils aus eigenen Kraftwerken in Bremen stammt), acht Prozent regenerative Quellen (Ökostrom aus Anlagen, die über das Energie-Einspeisegesetz von allen Stromkunden in Deutschland gemeinsam finanziert werden), vier Prozent Atomstrom (den die swb etwa von E.on bezieht). Das Erstaunliche: Das Strometikett wird bei allen swb-Kunden gleich aussehen – auch bei Kunden, die den vermeintlich „grünen“ Strom der swb namens „pro Natur“ beziehen, der im Sommer seinen fünften Geburtstag feiert.

Der Grund: „pro Natur“ ist eine reine Spenden-Sammel-Aktion. Wer sich für diesen swb-Tarif entscheidet, zahlt einen freiwilligen Aufschlag von gut zweieinhalb Cent pro Kilowattstunde. Die swb legt den gleichen Betrag nochmal aus eigener Tasche dazu. Das Geld fließt in einen Fonds, der es in neue Ökostrom-Anlagen investiert.

Wohin die Gelder fließen, entscheidet ein unabhängiger Beirat. Zu den von der swb gemeinsam mit einer Projektentwicklungsgesellschaft unweit der Bremer Stahlwerke aufgestellten sechs Windrädern gab der Fonds etwa 100.000 Euro dazu – ein paar Promille der Baukosten. Von den 20 Millionen Kilowattstunden Ökostrom, die der Windpark jährlich erzeugen soll, kann sich „pro Natur“ also rechnerisch maximal 200.000 auf die Fahnen schreiben. Die beiden Fotovoltaik-Anlagen auf dem Dach der Radstation am Hauptbahnhof und dem Schlachthof-Dach, beide komplett mit „pro Natur“-Geld finanziert, erzeugen zusammen nochmals knapp 10.000 Kilowattstunden im Jahr. Der Strombedarf der 700 „pro Natur“-KundInnen kann damit nicht gedeckt werden.

Den Nachweis, mit diesen Anlagen so viele Kilowattstunden Strom zu erzeugen, wie sie zum „pro Natur“-Preis verkauft hat, tritt die swb im Gegensatz zu anderen Ökostrom-Anbietern daher gar nicht erst an. „Wir haben nie behauptet, dass wir Ökostrom verkaufen“, sagt swb-Sprecherin Angela Dittmer. Es gehe einzig und allein darum, mehr Ökostrom zu erzeugen.

Das ist auch der Grund, warum der Bremer BUND das „pro Natur“-Modell unterstützt. Entscheidend sei, dass Geld für Investitionen in eine umweltfreundliche Stromversorgung zusammenkomme, sagt Geschäftsführer Martin Rode. Auch wenn die swb weder das vom BUND-Bundesverband mit vergebene „Grüner Strom Label“ noch ein anderes Ökostrom-Zertifikat vorweisen könne sei „pro Natur“ ein „außerordentlich attraktives Projekt“.

Kritiker wie der Bremer Ökostrom-Pionier Jan Saffe sind da anderer Meinung: „Der swb-Strom stammt zum größten Teil aus Kohle- und Atomkraftwerken“, bemängelt Saffe. Was demnächst auf der Stromrechnung nachzulesen ist.           sim