Kneipengang für die Karriere

Funktionierende Netzwerke sind wichtig im Berufsleben. Das gilt für jeden Einzelnen, aber auch für kleine Unternehmen. Gesponnen werden sie mithilfe von kommunikativer und sozialer Kompetenz. Dazu kann auch „moderates Trinken“ gehören

Klüngeln ist die Fähigkeit, sich in den richtigen Netzen zu platzieren Wichtig ist: Kontakte suchen, neugierig sein, von sich erzählen

VON VOLKER ENGELS

Das von Geist und Esprit durchdrungene Individuum, das aus einer Garagenbude in Windeseile einen Weltkonzern schmiedet, gehört zwar zu den Gründungsmythen mancher Konzerne. Mit der Realität von kleinen oder mittelständischen Betrieben hat das allerdings wenig zu tun: Neben Geschick, Glück und einer Prise Genialität kommt es hier auf funktionierende Netzwerke an.

Deshalb hat das Bundeswirtschaftsministerium in den vergangenen vier Jahren immerhin 55 Millionen Euro investiert, um kleinere und mittlere Unternehmen mit der Forschung in Verbünden zu vernetzen. Die Idee von InnoNet: Mindestens zwei Forschungseinrichtungen und vier mittelständische Unternehmen schließen sich zu einem Verbundprojekt zusammen und bewerben sich mit einer so genannten Ideenskizze um staatliche Zuschüsse. Gerade kleine Unternehmen, die sich keine eigene Forschungsabteilung leisten können, sollen von der Förderung profitieren.

Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWA) steuert pro Verbundprojekt bis zu 1,5 Millionen Euro bei, mit denen die Arbeit der Forschungseinrichtungen finanziert wird. Den Rest der anfallenden Kosten tragen die Unternehmen. Ein Verbund, der Systeme zur computergestützten Durchführung chirurgischer Eingriffe entwickelt hat, wurde ebenso gefördert wie ein Projekt zur Reinigung industrieller Abwässer.

„InnoNet wir sehr gut angenommen“, sagt Alexander Schieferdecker vom Bundeswirtschaftsministerium. Seit 1999 hätten sich 1900 Forschungseinrichtungen im Verbund mit mehr als 4.300 Unternehmen um eine Förderung beworben; 134 Projekte hätten bislang Geld erhalten. Wie viele Arbeitsplätze in den Unternehmen schon neu geschaffen worden sind, kann das BMWA nicht exakt beziffern. „Wir gehen aber davon aus“, sagt Schieferdecker, „dass die Umsetzung der Forschungsergebnisse in den Unternehmen zur Steigerung des Umsatzes und zu Sicherung und Aufbau von Arbeitsplätzen beiträgt.“

Ohne staatliche Unterstützung kommt dagegen „Viermedien“ aus. 24 Absolventen der Hörfunkakademie in Dortmund haben sich zu diesem Netzwerk zusammengeschlossen, um sich auch nach dem Abschluss ihrer Ausbildung gegenseitig zu unterstützen. „Wir sind davon überzeugt, dass wir als Gruppe am Markt besser wahrgenommen werden“, sagt Angelika Göllnitz vom Netzwerk. Auf eine gemeinsame Adressverwaltung können alle Netzwerker zugreifen. Auch in fachlichen Fragen helfen sich die Absolventen. Denn neben ihrer journalistischen Qualifikation haben die Mitglieder von „Viermedien“ ein abgeschlossenes Studium in der Tasche: „Vom Musikwissenschaftler über den Politologen bis hin zum Sportwissenschaftler reicht unsere Qualifikation“, so die diplomierte Biologin.

Wie wichtig Netzwerke für das berufliche Fortkommen sind, weiß auch Anni Hausladen, Autorin des Buchs „Die Kunst des Klüngelns“. Bundesweit coacht sie Unternehmerinnen, Managerinnen oder Teams in Seminaren oder in Einzelcoachings. „Frauen setzen immer noch an erster Stelle auf Fachkompetenz und berufliche Qualifikation und weniger auf Netzwerke“, so die Betriebswirtin mit Supervisionsausbildung. Dagegen würden Männer sich stärker nach außen orientieren und hätten dabei einen besseren Blick dafür, „die richtigen Leute kennen zu lernen“. Und das auch außerhalb ihres unmittelbaren beruflichen Umfeldes: etwa in Sport-, Karnevals- oder Schützenvereinen.

Unter Klüngeln versteht die Beraterin unter anderem die Fähigkeit, „sich in den richtigen Netzen zu platzieren, Kontakte zu suchen und zu pflegen“. Vielen Frauen fehle die „Erfahrung und häufig auch die Tradition, sich erfolgreich zu vernetzen“.

Eine Fähigkeit sei zum Aufbau und zur Pflege von Netzwerken besonders wichtig: die Kunst des Smalltalks, die Hausladen auch in Seminaren vermittelt. Denn die sei erste Voraussetzung dafür, mit anderen ins Gespräch zu kommen. „Es ist wichtig, neugierig zu sein, aber auch von sich erzählen zu können.“ Frauen müssten deutlicher „Angebote machen und auf ihre Fähigkeiten hinweisen“. Bei allem strategischen Kalkül komme es aber auch darauf an „das Gegenüber als Menschen wertzuschätzen“.

Ein wirkungsvolles Instrument der Karriereförderung scheint auch der Besuch von Gaststätten zu sein: Denn dass der regelmäßige Kneipengang mit Kollegen die Karriere durchaus fördern kann, hat eine englische Studie im vergangenen Jahr ergeben. Das Einkommen von moderaten Trinkern, die hin und wieder im Kollegenkreis eine Kneipe besuchen, so das Ergebnis der Studie, liegt im Durchschnitt um 17 Prozent höher als der Verdienst von abstinenten Kollegen. Denn auch soziale Netzwerke, die sich in Kneipen bilden, seien der Karriere förderlich. Diese Form der Netzwerkbildung wird von der Bundesregierung bislang allerdings nicht unterstützt.

www.frauenkluengel.de, www.vdivde-it.de/innonet, www.viermedien.de