Sicher essen gibt’s nicht. Sicher trinken schon

Ausgerechnet das dünne Bier von Budweiser ist sicher frei von manipulierten Genen. Soja, Mais und Reis nicht

WASHINGTON taz ■ Gentechnisch veränderte Nutzpflanzen werden in den USA seit Mitte der 90er-Jahre angebaut. Dabei handelt es sich vor allem um Soja, Mais, die Rapssorte Canola, Reis und Baumwolle. 80 Prozent der Soja- und 40 Prozent der Maisernte sind bereits gentechnisch verändert. Auch Gen-Tomaten und -Kartoffeln sind auf dem Markt. Ein Großteil der Produktion von Gen-Mais und Gen-Soja wird zu Tierfutter verarbeitet.

Viele Lebensmittel aus Getreide und Öl in US-Supermärkten enthalten gentechnisch veränderte Zutaten. Verbraucherschutzorganisationen schätzen zum Beispiel, dass die verschiedenen Soja-Derivate in rund 60 Prozent aller industriell verarbeiteten Nahrungsmittel in den USA zu finden sind. Produkte mit gentechnisch veränderten Zutaten müssen jedoch nicht gekennzeichnet werden. Denn die Lebensmittelaufsichtsbehörde FDA sieht in ihnen keine Gefahr für Umwelt und Gesundheit. Sie führt keine eigenen Tests an solchen Produkten durch, sondern verlässt sich auf die Untersuchungen der Industrie.

Eine freiwillige Kennzeichnung ist jedoch möglich. So können Firmen ihre Bioware mit dem Hinweis „organic“ versehen. Der garantiert neben einem ökologischen Anbau auch das Fehlen von Gen-Substanzen. Dazu müssen sie sich von einer unabhängigen Agentur zertifizieren lassen, die vom US-Landwirtschaftsministerium festgelegte Kriterien für Bioprodukte überprüft. Andere Labels wie „all natural“ verweisen lediglich auf eine geringe industrielle Verarbeitung, nicht jedoch auf Zutaten ohne Gentechnik.

Trotz ihrer wachsenden Verbreitung bewegt die grüne Gentechnik die Gemüter der Amerikaner wenig. Selbst führende nationale Umweltschutzorganisationen widmen sich dem Thema kaum. Lediglich in einigen wenigen Regionen gibt es Widerstand. So erklärte sich der Landkreis „Mendocino County“ in Kalifornien nach erfolgreichem Bürgerbegehren zur „gentechnikfreien Zone“ und verbot den Anbau von Gen-Pflanzen auf seinen Äckern. Proteste gibt es auch an der Ostküste der USA, im Bundesstaat Vermont. Dort tritt am 1. Oktober ein Gesetz in Kraft, das die Kennzeichnung von Gentech-Saatgut zwingend vorschreibt. Eine Premiere. Denn es ist das erste und bisher einzige Gesetz in den USA, das eine solche Kennzeichnung vorsieht.

Das letzte Mal gelangte Genfood im Herbst 2000 landesweit in die Schlagzeilen. Damals hatte ein Forschungsinstitut herausgefunden, dass die Fastfood-Kette „Taco Bell“ unerlaubt die gentechnisch veränderte Maissorte „Starlink“ verarbeitet. Dieser Mais des deutsch-französischen Konzerns Aventis war lediglich als Tierfutter zugelassen. Er enthält ein bakterielles Protein, dass Insekten abtötet und nach Auffassung von Wissenschaftlern beim Menschen zu allergischen Reaktionen führen kann. Bei weiteren Stichproben wurde „Starlink“ in rund 300 anderen Maisprodukten wie Tortilla-Chips nachgewiesen. Lebensmittelhersteller starteten anschließend eine in den USA bis dahin einmalige Rückrufaktion ihrer Produkte aus Lagern und Regalen. Supermarktketten legten Info-Broschüren in ihren Filialen aus, die Budweiser-Brauerei Anheuser-Busch erklärte, keine gentechnisch veränderten Zutaten mehr für ihr Bier zu benutzen. Die US-Mais-Exporte nach Europa und Asien brachen ein. Der Anbau von Gen-Mais ging vorübergehend auf 25 Prozent zurück. Experten glaubten damals bereits an das frühe Ende der grünen Gentechnik in den USA. Doch die Irritation unter den Verbrauchern und das Medieninteresse waren nur von kurzer Dauer. Die Agrarindustrie erholte sich rasch.

MICHAEL STRECK