Zumwinkel fühlt sich schon bestraft

Der Ex-Postchef räumt ein, über 900.000 Euro an Steuern hinterzogen zu haben – und entschuldigt sich für den „größten Fehler seines Lebens“. Gericht und Staatsanwaltschaft bestreiten, dass es einen Deal mit der Verteidigung gibt. Urteil am Montag

AUS BOCHUM ANDREAS WYPUTTA

Im Prozess um Steuerhinterziehung über eine Stiftung in Liechtenstein hat der ehemalige Post-Vorstandsvorsitzende Klaus Zumwinkel ein Geständnis abgelegt. Bereits am ersten Prozesstag bekannte sich der Bundesverdienstkreuz-Träger schuldig, allein von 2002 bis 2006 insgesamt 917.361 Euro Einkommensteuer sowie 50.454 Euro Solidaritätszuschlag unterschlagen zu haben. „Das war der größte Fehler meines Lebens“, sagte er vor der 12. Großen Strafkammer des Bochumer Landgerichts.

Zumwinkel räumte ein, bereits 1986 im liechtensteinischen Vaduz die Devotion Family Foundation (Familienstiftung Hingabe) gegründet zu haben, um in der Bundesrepublik weniger Steuern zahlen zu müssen. „Ich war der Ansicht, dass schon einmal versteuertes Geld nicht noch einmal versteuert werden sollte.“ Das Vermögen der Family Foundation, die mit einem Stiftungskapital von nur 30.000 Schweizer Franken ausgestattet war, belief sich Ende 2006 auf genau 11.893.007,71 Euro.

Dabei ist der Fall Zumwinkel nur einer von hunderten Verfahren, die von der auf Wirtschaftskriminalität spezialisierten Schwerpunktstaatsanwaltschaft Bochum eingeleitet wurden. 450 davon basieren auf DVDs mit Kundendaten der exklusiven liechtensteinischen Privatbank LGT, die der Bundesnachrichtendienst BND einem Informanten abgekauft hatte. Mindestens 110 weitere Steuerhinterzieher zeigten sich selbst an. Bis heute wurden über 147 Millionen Euro Steuern nachgezahlt.

Auch Zumwinkel betonte, er habe nach der publikumswirksamen Durchsuchung seiner Kölner Villa sofort mit der Steuerfahndung kooperiert und seine „Steuerschulden nebst Zinsen“ bezahlt. „Wenn ich alles abziehe, was ich schon bezahlt habe und noch bezahlen werde“, so Zumwinkel, besitze er rund 8 Millionen Euro. Hinzu komme noch eine Burg am Gardasee im Wert von etwa 5 Millionen Euro, eine Yacht und zwei Autos.

Die „größte Strafe“ hätten er und seine Familie aber schon erlitten, klagte der Ex-Postchef: „Es gab persönliche Bedrohungen, Brief- und Telefonterror, Hausbelagerungen und persönliche Verfolgungen.“ Zugleich gab sich der ehemalige Spitzenmanager aber erstaunlich selbstbewusst: So belehrte er den Vorsitzenden Richter Wolfgang Mittrup, sein liebstes Hobby sei nicht „Bergwandern“, sondern „Bergsteigen“.

Wie zuvor die Staatsanwaltschaft hatte Mittrup zu Prozessbeginn betont, zwischen Gericht und Verteidigung habe es keinen Deal über das Strafmaß gegeben. Insider berichten dagegen hartnäckig, Zumwinkel müsse lediglich mit einer Haftstrafe zwischen einem Jahr und sechs bis acht Monaten, die auf Bewährung ausgesetzt werden könnte, sowie einer Geldauflage in Millionenhöhe rechnen.

Dabei schien dem Ex-Postchef bei einem Schuldspruch zunächst Gefängnis sicher zu sein: Die Ermittler hatte ihm Steuerhinterziehung in Höhe von 1,2 Millionen Euro vorgeworfen. Bei mehr als 1 Million Euro können Strafen nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Das Bochumer Gericht aber erklärte einen Teil der Vorwürfe für verjährt – und will am Montag nicht nur die Plädoyers hören, sondern bereits das Urteil fällen.