DIE ANSCHLÄGE IM IRAK RICHTEN SICH GEGEN DIE ÜBERGANGSREGIERUNG
: Vor dem Amtsantritt gescheitert

Es war eine vage Hoffnung, aber immerhin: Nach einigem Gezerre hatte sich die internationale Gemeinschaft darauf geeinigt, die irakische Übergangsregierung zu unterstützen. Diese soll Wahlen vorbereiten, den Wiederaufbau intensivieren, die Aufarbeitung der Diktatur beginnen und – auf lange Sicht – ein Ende der Besatzung erreichen. Doch schon jetzt zeigt sich, dass die Wiederherstellung der Souveränität die Gewalt nicht beenden kann.

Zwei Morde an hochrangigen Regierungsbeamten, ein Mordversuch an einem weiteren Beamten und einem Polizeichef, ein Autobombenanschlag und ein Raketenangriff auf den Sitz der Koalitionsverwaltung – das ist die Bilanz der Gewalt in nur 24 Stunden allein in der Hauptstadt Bagdad. Dazu kommen Sabotageakte gegen die Öl- und Stromversorgung, Anschläge von Nord bis Süd und mehrere bestialische Morde an Geiseln. Trotz Übergangsregierung ist weiterhin nichts und niemand sicher im Zweistromland – das ist die Botschaft der Gewalttäter. Dagegen gibt es kein Patentrezept. Zwar scheint die Mischung aus militärischem Druck und Verhandlungen, die gegenüber dem schiitischen Eiferer Moktada al-Sadr angewendet wird, Erfolg zu haben. Aber der Konflikt ist noch lange nicht ausgestanden.

Die Situation in den Hochburgen der sunnitischen Untergrundkämpfer ist viel schwieriger: Der Plan, zumindest Falludscha durch einen Exgeneral Saddams befrieden zu lassen, ist gescheitert. Obwohl die Amerikaner mittlerweile fast die gesamte Führung der Dschihad-Kämpfer hinter Schloss und Riegel gebracht haben, wachsen der Hydra immer neue Köpfe nach. Viel spricht dafür, dass sich unter die finsteren Gotteskrieger längst auch Mörderbanden aus der Zeit Saddams gemischt haben. Dagegen hilft es offenbar auch nicht, Exkader der Baath-Partei in die neue Administration zu integrieren – schließlich hatten auch die jetzt Ermordeten dem alten Regime gedient.

Die Wiederherstellung von Sicherheit steht ganz oben auf der Prioritätenliste der Übergangsregierung. Sie ist offiziell noch nicht einmal im Amt, da scheint sie damit schon gescheitert. INGA ROGG