Vom Naturschutz zum Investitionsschutz

Die Dominikanische Republik will 14 ökologische Schutzgebiete eliminieren, um Platz für neue Hotels einer spanischen Kette zu schaffen. Umweltminister Jürgen Trittin protestiert, internationale Artenschutzkonferenz wird an einen anderen Ort verlegt

250.000 deutsche Touristen besuchten 2003 das „Mallorca der Karibik“

AUS SANTO DOMINGO HANS-ULRICH DILLMANN

Der Brief aus Deutschland ist alles andere als diplomatisch formuliert. „Ich bin nicht bereit“, erklärte Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne), „mit der Finanzierung einer internationalen Veranstaltung eine gegen den Naturschutz gerichtete Politik (…) zu legitimieren.“ Adressat des Schreibens: die Regierung der Dominikanischen Republik.

Zuvor hatte das dominikanische Parlament auf Initiative von Staatschef Hipólito Mejía die Reduzierung der Naturschutzzonen des Landes um fast 30 Prozent beschlossen. Monatelange Proteste und Interventionen von Umweltgruppen und Unternehmerverbände waren ergebnislos geblieben. Nutznießer werden spanische Touristikunternehmen sein, die in den früheren Schutzzonen Hotelanlagen hochziehen wollen.

Eigentlich sollte die Dominikanische Republik im Juli diesen Jahres Veranstaltungsort für die 7. Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) werden. Jetzt soll die Konferenz in einem anderen mittelamerikanischen Land stattfinden. Die Mitarbeiter des dominikanischen Umweltamtes werden nicht mehr im eigenen Land an den Erkenntnissen teilhaben können, wie Schutzgebiete ökologisch sinnvoll eingerichtet werden können und wie ein nachhaltiges Tourismusmanagement Nutzen für Schutzgebiete und lokale Bevölkerung bringen kann.

Die dominikanische Regierung freilich wird das wenig stören. Der derzeitige Amtsinhaber, Staats- und Regierungschef Hipólito Mejía, hat bei den Wahlen im Mai verloren und wird die Präsidentschaft am 16. August seinem Amtsnachfolger übergeben. Der Gesetzesbeschluss eliminiert insgesamt 14 Naturschutzgebiete, die zu den ökologischen Filetstücken der Dominikanischen Republik gehören. Mangroven werden rechtlich legitimiert bald abgeholzt, Lagunen und Korallenriffe zu Fun-Zentren ausgebaut werden können, wo derzeit noch Fregattvögel, Delfine, die letzten noch lebenden Antillen-Seekühe und vom Aussterben bedrohte Schildkröten leben. Eines der größten Schutzgebiete, der „Parque Nacional del Este“, wird fast halbiert.

In seltener Einmütigkeit argumentierten und argumentieren Umweltschützer, Ökoaktivisten, Naturwissenschaftler und der einheimische Hotel- und Gaststättenverband gegen die Reduzierung der Naturparks. Aber nicht nur Fauna und Flora sind vom möglichen Kahlschlag bedroht, in der Mehrzahl der Gebiete finden sich kulturhistorische Stätten, die bisher vor ungehindertem Publikumsverkehr geschützt waren. „Unser Naturschutzgebiet sind Teil des Tourismus“, warnt Lisette Gil, Geschäftsführerin des Hotelverbandes Bayahibe, in dessen Einzugsgebiet der Park liegt. „Wir schädigen unsere Attraktivität.“

Juan José Hidalgo scheren solche Ökoargumente wenig. Der spanische Inhaber der Fluggesellschaft Air Europa drängt auf den lukrativen Touristenmarkt auf der Karibikinsel und will in der bald „naturschutzfreien“ Zone einen Hotelkomplex mit 1.200 Betten hochziehen. Wie es der Zufall so will, ist Hidalgo ein enger Freund von Hipólito Mejía. In den Air-Europa-Maschinen ist der Noch-Staatspräsident ein gern gesehener Gast. Die Zustimmung des Parlaments und Senats soll sich Hidalgo durch eine Millionensumme gesichert haben. Eine Hand wäscht die andere. Da stießen auch die ökologischen Warnrufe der diplomatischen Vertreter in der Dominikanischen Republik, die jährlich von rund 250.000 deutschen Touristen besucht wird, auf taube Ohren.