hamburger szene
: Kultur oder Kuchen

Aahh, Sonntage! Lange frühstücken, Spaziergänge und endlich einmal in Ruhe Zeitung lesen. Aber was wäre so ein Prototyp-Sonntag ohne einen Museumsbesuch? Wochentage verbringt man auf der Fernsehcouch, der Sonntag aber gehört den Schautafeln und Glasvitrinen.

„Ich war noch nie im Museum der Arbeit“, sagte ich zu meinem Freund. „Und warum sollten wir da hin?“, sagte er. Ich überlegte. „Die Dauerausstellung soll interessant sein.“ Keine Reaktion. „Das Café hat selbstgebackenen Kuchen“, versuchte ich es erneut. Fünf Minuten später waren die Fahrräder gesattelt und wir fuhren bei herrlichem Sonnenschein gen Barmbek.

Wie dumm nur, dass besagtes Museums-Café sich nicht hinter den Ausstellungsräumen befindet, sondern direkt am Empfang. Es roch nach Kaffeebohnen und Schokolade. Ich aber zog meinen Begleiter von der Kuchentheke zur Kasse, bezahlte die Karten und zog ihn weiter zu den Schautafeln. „Schau mal!“, sagte ich gelegentlich oder „Ach, hast du das gewusst“ und zeigte auf verrostete Werkzeuge oder klobige Setzmaschinen. Kultur ohne Ende, das war ein Sonntag genau nach meiner Facon.

Doch dann, keine acht Minuten nach unserer Einkehr, kroch auch mir der Kaffeegeruch in die Nase und in die Ohren! Er flüsterte: „Willst du wirklich deinen Sonntag vor einer Schautafel verbringen?“ Eilig stolperte ich die Treppen hinunter, lief zur Theke, bestellte Milchkaffee und Torte und machte endlich Sonntag.UTA GENSICHEN