Schutzbedürftiger Schmuddel-Supermarkt

Wenn „real“ in St. Pauli schließt, gehen Jobs verloren – darauf hat erneut die Gewerkschaft Ver.di hingewiesen

„Sie wollen den Laden dichtmachen!“, ruft einer der anderen Flaschensammler Jürgen zu, als er seinen Einkaufswagen voll mit Leergut Richtung Eingang schiebt. Der „real“-Markt am Neuen Kamp ist das einzige Geschäft in der Gegend, das fast alle Pfandflaschen annimmt. Jetzt fallen Jürgen all die Leute auf, die sich versammelt haben: Mit einer Menschenkette hat die Gewerkschaft Ver.di am Freitag auf das drohende Aus des Ladens hingewiesen.

Der Supermarkt gehört zu den Geschäften, die die „real“-Kette Anfang 2007 vom US-Konzern Wal-Mart übernommen hat. Und „real“ selbst hat im vergangenen Jahr Verlust gemacht. Insgesamt 99 Mitarbeiter sind in der Filiale St. Pauli von Arbeitslosigkeit bedroht. Viele von ihnen zu alt, um einen neuen Job zu finden. Darüber hinaus, sagt Katharina Sehne von Ver.di, haben die meisten nur hier eine Chance auf Arbeit. „Sie sind einfach zu bunt für andere Stadtteile.“

Conti, Plaza, Wal-Mart, Real – wie seine Namen, hat der Markt in den vergangenen Jahren auch den Betreiber gewechselt. Beschäftigte gab es hier ursprünglich einmal mehr als 200. Diesmal droht dem Markt das endgültige Aus: Der Mietvertrag mit der städtischen Verwaltungsfirma Sprinkenhof läuft 2010 aus. Gewerkschaftssprecherin Sehne weist auf die gute Lage und mutmaßt, die Stadt plane dort einen neuen Komplex zu errichten.

Die Gentrifizierung, die Jürgen und seine Kollegen schon aus dem nahe gelegenen Schanzenviertel vertrieben hat? Die Anlieger fürchten, dass auch ihre Betriebe – eine Autowerkstatt und ein Lokal – zumachen müssen, ist der Supermarkt erstmal weg. Der Sprecher der kleinen Moschee im Gebäude sagt, dass auch das Gotteshaus seit über 30 Jahren hier Bestand habe.

Einfach abreißen wird die Stadt das Gebäude nicht können: 2004 ist es vom Denkmalschutzamt als Denkmal erkannt worden – das garantiert zumindest Schutz vor Veränderung. JOTI