Wirtschaftskrise rettet Schulen

Er werde „die Wünsche der KollegInnen zufriedenstellen“, kündigte Jürgen Zöllner nach einem Treffen mit SchulleiterInnen aus Mitte an. Dem Geldsegen des Bundes sei Dank

Ein solches Aufgebot an Kameras, Mikrofonen und JournalistInnen wie am Donnerstagabend hat der in einer eher stillen Seitenstraße zwischen Kreuzberg und Mitte gelegene Sitz des Bildungssenators seit Oktober 2006 nicht mehr erlebt. Damals wurde der neue Leiter der Rütlischule, Aleksander Dzembritzki, unter großem Medieninteresse inauguriert, nachdem das Lehrerkollegium der Neuköllner Hauptschule zuvor in einem Brandbrief an die Verwaltung das Scheitern der problembelasteten Hauptschule erklärt hatte.

Auch am Donnerstag war ein Brandbrief Grund für das große Interesse, das die Medien einer Pressekonferenz entgegenbrachten, die auch noch – ungewöhnlich für ein Bildungsthema – erst abends um neun Uhr stattfand.

Zuvor hatte Schulsenator Jürgen Zöllner (SPD) eine Delegation jener SchulleiterInnen des Bezirks Mitte empfangen, die in besagtem Schreiben an die Bezirks- und Senatsverwaltung die problematische bauliche und soziale Lage an ihren Schulen beklagt hatten. Der Bezirk Mitte stehe vor dem bildungspolitischen Aus, hieß in dem Schreiben, das von allen SchulleiterInnen des Bezirks unterzeichnet worden war. Angesichts unzureichender Personalausstattung, verfallender Gebäude und einer wachsender Zahl von SchülerInnen aus sozial benachteiligten Familien könnten die Schulen ihren Bildungsauftrag nicht mehr guten Gewissens erfüllen.

Nun ist es die Entscheidung der Bundesregierung, der weltweiten Wirtschaftskrise mit einem großen Konjunkturprogramm zu begegnen, die es Senator Zöllner ermöglichte, die Klagen und Forderungen der SchulleiterInnen entspannt zurückgelehnt entgegenzunehmen. Insgesamt 500 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln will Berlin in den nächsten drei Jahren in die Bildung investieren: „Damit können wir die Wünsche der KollegInnen zufriedenstellen“, sagte Zöllner selbstbewusst, und die anwesenden SchulleiterInnen widersprachen ihm nicht.

Selbst ihrer Sorge, das viele Geld könnte aufgrund mangelnder Personalkapazitäten der bezirklichen Bauämter nicht im vorgeschriebenen Zeitraum bis insgesamt Ende 2010 verbaut oder verplant werden, wurde unterdessen Rechnung getragen: Die Bauämter dürfen nun Personal von außen einstellen oder Fremdfirmen beschäftigen, um Aufträge schnell abwickeln zu können.

„Zöllner hat Schwein gehabt“, sagt einer der beteiligten Schulleiter: Der Zorn der RektorInnen aus Mitte sei beim Abfassen des Briefes so groß gewesen, dass man sogar über Demos nachgedacht habe. „Eine Stimmung wie 68 war das!“, sagt ein anderer. Nun sei der Stein aber ins Rollen gekommen.

„Das Gespräch mit Schulsenator Zöllner war sehr konstruktiv“, fasst Jochen Pfeifer, Direktor des John-Lennon-Gymnasiums in Mitte, die Lage sachlich zusammen.

Es sei nun wichtig, „die Dinge auch auf der bezirklichen Ebene so zu beeinflussen, dass sie sich in unserem Sinne bewegen.“ Der Bürgermeister ihres Bezirks, Christian Hanke (SPD), hat die SchulleiterInnen allerdings bisher noch nicht zum Gespräch gebeten. ALKE WIERTH