Real Madrid kriegt‘s per Mausklick besorgt

Deutschlands beste Computerspieler messen sich im Kölner Komed-Haus in den Diszplinen Fußball und Autorennen sowie „Counterstrike“ und Warcraft 3“. Spitzenspieler bekommen Gagen, sogar Ablösegelder werden gezahlt

Köln taz ■ Sonntag Nachmittag spielte in Köln Real Madrid gegen Frankreich. Vor etwa 200 Zuschauern setzte sich nach mehreren torreichen Begegnungen die französische Nationaleelf gegen die Madrilanen durch. Am Ende entschied die Tordifferenz und gamerno1, Teamchef von „Pro Gaming“ nahm den Pokal entgegen. Der Clan „Pro Gaming“ ist somit Deutscher Meister der Computerspieler in der Disziplin „Fifa Football 2004“ in der ESL Pro Series. Sein Team hatte die Franzosen hervorragend über den virtuellen Rasen gesteuert, das fachkundige Publikum vor der Großbildleinwand im Kölner Komed-Haus spendete Applaus.

In vier verschiedenen Spielen maßen sich am Wochenende die besten Computerspieler Deutschlands. Während Fußball und Autorennen („Live for Speed“) auch im wirklichen Leben beliebte Sportarten sind, sind „Counterstrike“ und „Warcraft 3“ nur als elektronische Sportarten durchführbar. Die Regeln von Counterstrike sind einfach: Zwei Mannschaften à fünf Spieler versuchen sich gegenseitig totzuschießen. Wer überlebt, gewinnt. „Warcraft 3“ dagegen ist für nicht eingeweihte Zuschauer völlig unverständlich. Auf dem Bildschirm bauen Riesen, Nachtelfen oder Orcs Türme und Häuser und kämpfen gleichzeitig gegen einander oder schleudern mit Blitzen umher. Das alles findet in hoher Geschwindigkeit statt. Bis zu 150 Mal klickt ein Warcraftspieler pro Minute mit seiner Maus.

Deshalb ist „Mousesports“ gar kein schlechter Name für einen Clan, der sich in der Profiliga der „Electronic Sports League“ behaupten will. „Clans“ nennen sich die Teams, und ihre Mitglieder führen Nicknames, wie sie im Internet üblich sind. Denn hier findet der Großteil der Spiele statt. 400.000 Spieler sind allein registrierte Nutzer der „Electronic Sports League“, die derzeit wohl die ambitionierteste Plattform für Elektro-Sportler bietet. Die sich an diesem Wochenende messen, bilden die Crème der Zocker – und das zieht Publikum an. Insgesamt 3.000 Zuschauer waren am Wochenende in Köln dabei.

99 Prozent der Zuschauer sind Jungs zwischen 16 und 20 Jahren, wie der 16-jährige Cary, der selbst Counterstrike spielt, und der „die Spielweise von Mousesports“ schätzt oder Christoph, den es fasziniert, „dass sie Geld dafür kriegen, dass sie Computer zocken“. Sehr gute Spieler bekommen 500 Euro Monatsgehalt, dazu kommen Siegprämien. Für Spitzenspieler sollen schon Ablösesummen von 5.000 Euro bezahlt worden sein. An diesem Wochenende in Köln wurden immerhin 80.000 Euro verteilt. Viel Geld, Sponsor Intel zahlt es gerne, so nah kommen sie sonst nirgendwo an die Zielgruppe heran. Das rechnet sich.

Willi „Rattle“ Bach, der mit „Team 64“ (spielte auch mit Real Madrid) den dritten Platz in „Fifa 2004“ belegt hat, bekommt kein Gehalt. Aber Reisekosten, Hotelübernachtungen und ein gestellter PC sind auch nicht übel für einen 17jährigen. Wie die meisten hier entspricht er nicht dem Klischee des blassen Nerds. Er spielt auch in echt Fußball. Im Verein. Nur ohne Beckham im Sturm. Christian Gottschalk