Auf der Suche nach Kriminalitätsbrennpunkten

Experten streiten bei Kölner Hearing, ob Videoüberwachung öffentlicher Plätze probates Mittel gegen Kriminalität ist

Köln taz ■ Die Experten des gestrigen Hearings zur Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen waren uneins darüber, was diese technische Kontrolle bringt. „Wir sind froh, dass wir diese Möglichkeit haben“, warb der Bielefelder Ordnungsdezernent Rainer Ludwig bei der Veranstaltung, die bemerkenswert schlecht besucht war. Der Kriminologe Professor Hellmut Pollähne nannte die Bielefelder Erfahrungen dagegen „fragwürdige Erfolge“. CDU und Grüne im Kölner Stadtrat wollten von dem Hearing abhängig machen, ob sie künftig Video-Überwachung in der Innenstadt zulassen. Während die CDU dazu tendiert, sind die Grünen eher dagegen.

Unterschiedliche Ansichten gab es bereits über die Frage, was ein Kriminalitätsbrennpunkt ist. Ein Bielefelder Park wurde von Dezernent Ludwig so geschildert, dass dort überdurchschnittlich viele Verbrechen begangen würden. Durch die Video-Überwachung seien diese um bis zu 40 Prozent zurückgegangen. Pollähne hielt dem entgegen, es gehe nur um vergleichsweise wenige Fälle. Im übrigen sei die Kamera-Kontrolle teuer und schränke das Recht zur informationellen Selbstbestimmung wesentlich ein. Dieser gravierende Eingriff in Grundrechte könne nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass man die überwachten öffentlichen Areale ja meiden könne: „Manche Bereiche wie Bahnhofsvorplätze lassen sich doch gar nicht umgehen.“

Rainer Wend von der Deutschen Polizeigewerkschaft rührte dagegen fleißig die Werbetrommel für die „technische Möglichkeit des Videoschutzes“. Untersuchungen in verschiedenen Städten hätten gezeigt, dass diese gut funktioniere. Natürlich könne der gleiche Effekt auch mit einer intensiveren Kontrolle durch Polizisten erreicht werden. Es sei aber „utopisch“, dafür genug Personal zur Verfügung stellen zu können. Eine Verdrängung der Kriminalität in nicht überwachte Bereiche sei wissenschaftlich bisher nicht bewiesen worden, meinte Wend. Es sei auch erstaunlich, dass Videokontrollen im öffentlichen Bereich so stark diskutiert würden, während diese Praxis in Tankstellen, an Geldautomaten und in Kaufhäusern längst üblich sei.

Die NRW-Datenschutzbeauftragte Bettina Sokol und die Innenpolitikerin des NRW-Landtags Monika Düker (Grüne) äußerten sich bei dem Hearing skeptisch zur Videoüberwachung. Ein Vertreter der Kölner Polizei sagte, solche Installationen seien ohnehin nur an ganz wenigen Orten in der Innenstadt möglich. Frank Überall