Vier Stunden Ablachen

Frank Castorf beim Theaterformen-Festival in Hannover

Schicksal? Lebenssaftig irrwischt Eugene O’Neills Trauer muss Elektra tragen über die Bühne des Staatstheaters Hannover. Eine Castorf-Produktion zu Gast beim Theaterformen-Festival. Da verschlingt Elektras Bruder eine Banane, schleudert die Schale auf den Boden, geht in Startposition, marschiert auf die Schale zu – und rutscht aus. Selbstverantwortetes Verhängnis? Zum Ablachen.

Familie als Keimzelle der Gesellschaft, bedeutet bei Frank Castorf Krieg – wie bei Aischylos, wie bei O’Neill. Also wird ihr der Krieg erklärt: Vergnügliches Johlen, Jubeln, Lachen. In elegischer Trödelei pinselt Castorf die bekannten Genrebilder vom unheimlich heimeligen Bürgerleben in der Provinz. Das verfluchte Idyll verwandelt sich in eine blutkochende Hölle – und die Aufführung in eine zynische Wohlfühl-Party der Hoffnungslosigkeit. Da verfault die Gesellschaft an Hass, Rache, Inzest und Liebesunfähigkeit. Moppelig vor Kraftmeierei die Spieler: Menschendarstellung als Ansammlung von Anfällen. Zum Ablachen. Vier Stunden lang. fis