extremismusstudien
: Studien ersetzen nicht Politik

Joachim Zeller, Bürgermeister von Mitte, ist ein Mann schlichter Worte: „Die Teilnahme an der Gesellschaft beschränkt sich bei vielen Migranten auf den Gang zum Sozialamt“, meint er. Fehlende Integration der islamischen Bevölkerung und die Sprachbarrieren seien das Problem. Deshalb gelte: „Immer mehr Jugendliche sind anderen extremen Ideologien ausgesetzt, die auch kaum mehr mit dem Grundgesetz vereinbar sind.“

KOMMENTAR VON WALTRAUD SCHWAB

Seine Statements ließ Zeller anlässlich einer Studie zu „Rechtsextremismus – Jugendgewalt – Neue Medien“ fallen. Seine Worte überraschen aber weder durch scharfe Analyse noch durch Visionen. Der Ausländeranteil liegt in Mitte bei 30 Prozent. Wenn die nichtdeutschen Jugendlichen dort tatsächlich zunehmend für extreme Ideen offen sind, müssten die Politiker endlich verstehen, dass sie gefordert sind. Und zwar als Handelnde, nicht als Kommentatoren immer neuer Studien zum alten Problem.

Im Kiez spielt sich ab, was auch für die Politiker gilt: Es geht um Macht, Einfluss und ums gesalbte Ego: „Ich bin wer.“ Wie aber sollen Jugendliche nichtdeutscher Herkunft wer sein, wenn ihnen die Gesellschaft jeden Tag signalisiert, dass sie sie nicht braucht? Integration ist nicht nur eine Frage der Sprache, sondern vor allem eine der Partizipation. Gesellschaftliche Teilhabe ist derzeit für Jugendliche im Wedding oder Moabit – dort leben die Ausländer von Mitte – nicht im Angebot. Wo sind die Lehrstellen, wo die Arbeitsplätze? Wo die Anreize, die die zahllosen Schulabbrecher zum Umdenken bewegen?

Wenn extremistische Organisationen sich der No-Future-Generation annehmen und ihr vormachen, wie sie Identität bekommt – selbst wenn sie sich als Preis dafür dem Teufel verschreiben muss –, dann ist Ultimo für demokratisches Handeln und nicht für Geschwätz.

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