Neue Folge in der Checkpoint-Charlie-Posse

Museumsmitarbeiter machen eine spontane Barackenenthüllung wieder rückgängig. Und Museumsdirektorin Hildebrandt triumphiert: Vopo-Fotos sind künftig verboten – mit Unterstützung der Stadtentwicklungssenatorin

„Ich bin so glücklich“, sagte Alexandra Hildebrandt. Dieser und ähnliche Sätze waren aus dem Repertoire der geschäftsführenden Vorsitzenden des Museums Haus am Checkpoint Charlie in den letzten Wochen gestrichen. Anlass der neuen Freude ist ein Schreiben der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Darin heißt es, alle den Straßenverkehr störenden Aktivitäten „durch Personen, die sich im Bereich der Fahrbahn fotografieren lassen“, würden unterbunden und Verstöße „unverzüglich geahndet“. Heute morgen, Punkt 9 Uhr, will Hildebrandt die Baracke von der blauen Folie befreien.

Das Spektakel um das verhüllte Wachhäuschen begann vor zwei Wochen. Damals hatte Hildebrandt den Nachbau mit blauen Müllsäcken verhüllen lassen. Die Aktion richtete sich gegen mehrere Laienschauspieler in historischen Militäruniformen. Diese hatten sich vor der Baracke gegen Geld von Touristen fotografieren lassen: Jedes Foto 1 Euro.

Noch am vergangenen Freitag sah es für Hildebrandt schlecht aus. Das Kreuzberger Bezirksamt hatte ihr ein Bußgeld bis zu 10.000 Euro angedroht, sollte die Verhüllung nicht bis Montag, 24 Uhr, entfernt sein. Ihr Anwalt Claus-Peter Martens hatte sich daraufhin an Stadtbausenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) gewandt. Und die gab ihm Recht. „Manchmal können Juristen auch etwas bewirken“, stellte der Anwalt zufrieden fest.

Tom Luszeit, der mal als Vopo-Modell, mal als Alliierter-Soldaten-Darsteller vor dem Wachhaus auftritt und nachts als Stripper sein Geld verdient, will nicht aufgeben. „Wir haben eine Genehmigung“, sagt er. Das Schreiben des Kreuzberger Bezirksamts stammt von Oktober vergangenen Jahres. Darin heißt es, dass das fotografische Touristenangebot ein „erlaubnisfreier Gemeingebrauch“ sei. „Aber wenn wir eine neue Genehmigung brauchen, dann beantragen wir eben eine“, meint Luszeit. Er will kein Geld mit seinen Auftritten verdienen, sagt er. „Das sind nur Spenden.“ Er begründet sein Tun je nach Tagesform mit dem Recht der Touristen auf schöne Bilder, mit historischem Anspruch oder mit studentischer Geldknappheit.

Der Versuch des vom Hildebrandt-Clan verstoßenen Museumshop-Gründers Alwin Nachtweh, das Wachhäuschen auf eigene Faust zu befreien, scheiterte gestern. Nachtweh war auf die Baracke geklettert und hatte die Müllsäcke heruntergerissen. Es ging sehr schnell. „Komisch, dass da vor mir noch keiner drauf gekommen ist“, sagt er. Er und Hildebrandt gelten als alte Intimfeinde. Kurz nach der Aktion machten sich zwei Mitarbeiter des Museums daran, den vorherigen Verhüllungszustand wiederherzustellen.

Inzwischen hat Hildebrandt den Fotomodellen das Angebot gemacht, bei einer Theateraufführung mitzumachen, die sie für den neunten November am Checkpoint Charlie plant. Das Theaterstück „R wie Rosa“ ihres verstorbenen Ehemannes Rainer Hildebrandt sei 1989 zur gleichen Zeit und am gleichen Ort zuletzt aufgeführt worden. Dabei seien die Grenzer „herübergekommen und hätten eine natürliche Kulisse“ gebildet.

Doch das Angebot stößt bei Luszeit auf wenig Gegenliebe. Erst wolle Hildebrandt nicht, dass er als Vopo verkleidet vor der Baracke steht. Dann solle er sich „am Ende noch in Vopo-Uniform“ für ein Theaterstück hergeben. VERONIKA NICKEL