Schallschutz gegen laute Flugzeuge

Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) blockiert den grünen Entwurf zum Fluglärmgesetz, weil auch bundeseigene Militärflughäfen Anwohnern neue Fenster bezahlen müssten. Umweltminister Jürgen Trittin will den Entwurf bald vorlegen

AUS BERLIN MATTHIAS URBACH

Mit einem in groben Zügen unveränderten Gesetzentwurf will der grüne Umweltminister Jürgen Trittin das Fluglärmgesetz novellieren. In der vergangenen Wahlperiode war er damit noch gescheitert. Der Entwurf, der der taz in Auszügen vorliegt, sieht vor, dass Anwohner ein Anrecht auf vom Flughafen bezahlten Schallschutz am Haus haben, sobald der Dauerschallpegel 65 Dezibel (dB) übersteigt. Bisher gilt dieser Anspruch erst bei doppelt so lautem Krach.

Außerdem sollen erstmals Nachtschutzzonen eingeführt werden. Liegt der Lärmpegel über 55 dB, gibt es einen Anspruch auf Schallschutz im Schlafzimmer, der auch eine Belüftung von außen zulässt. Im früheren Entwurf vom November 2000 waren die Nachtruhewerte allerdings noch 5 Dezibel leiser angesetzt worden.

Bei „neuen oder wesentlich baulich erweiterten“ Flughäfen sollen die Schutzwerte wie im alten Entwurf um je 5 db niedriger liegen – nun also bei 60 dB tagsüber und bei 50 dB nachts. Schlechter wären Anwohner von Militärflughäfen gestellt, wo der Fluglärm für ein Recht auf bezahlte Lärmschutz tagsüber 68 Dezibel betragen müsste.

Trotz der Sonderbehandlung des Militärs blockiert nach Informationen der taz Finanzminister Hans Eichel (SPD) derzeit die Veröffentlichung von Trittins Gesetzentwurf. Er fürchtet zu hohe Kosten für den Bund als Eigner der Militärflughäfen.

In der bisher unveröffentlichten Fassung sieht Trittin eine deutliche Erweiterung des alten Gesetzes von 1971 auf kleinere Verkehrs- und Militärflughäfen vor, die bisher keine Pflichten haben. So müssten nun auch Verkehrsflughäfen wie Braunschweig, Dortmund-Wickede, Essen-Mülheim, Friedrichshafen und Siegerland Lärmschutzzonen festlegen.

Allerdings sind im neuen Entwurf ein paar kleinere Flughäfen aus der Pflicht herausgefallen. Auch kam Trittin den Flughafenbetreibern entgegen bei der Regelung für Lärmschutz in Wohngebieten, die nur bei seltenen Windbedingungen betroffen sind. Ein Anspruch auf bezahlten Lärmschutz liegt nun erst vor, wenn der Lärm in mehr als 5 Prozent der Betriebszeit auftritt. Von dieser Regel profitiert vor allem der Hamburger Flughafen.

Fast ein Jahr haben Trittins Mitarbeiter allein darauf verwandt, sich mit der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) halbwegs auf belastbare Kostenschätzungen zu einigen. Der ADV hat seine Schätzungen auf 1,5 Milliarden Euro halbiert, während das Umweltbundesamt 500 Millionen Euro Kosten errechnete. Der Unterschied beruht aber im Wesentlichen auf sehr viel optimistischeren Annahmen des ADV zum Flughafenausbau.

Der Entwurf sei ein „starkes Entgegenkommen an die Flugverkehrswirtschaft“, urteilt Helmar Pless vom Verkehrsclub Deutschland (VCD). Die Lärmschutzwerte für bestehende Flughäfen sollten an die „ehrgeizigen Werte“ für Neubauten angepasst werden.

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