sind sie reformbereit?
: „Man ist leicht überfordert“

Der Berliner Politikbetrieb macht Urlaub. Die Reformdebatte führen jetzt die, die es wirklich betrifft – wir alle. Deshalb geht die taz auf die Straße und fragt: Sind Sie reformbereit?

Karl-Heinz Mentner, 52, Bahnreiniger

„Ja, bis zu einem gewissen Grade. Aber man ist leicht überfordert. Das ist alles ein bisschen kompliziert. Einige Reformen werden schon nötig sein. Aber ich nehme an, dass es mir danach schlechter gehen wird. Die Preise steigen doch alle. Wenn ich früher für ein Paket Wurst zwei Mark bezahlt habe, bezahle ich jetzt zwei Euro. Bloß die Gehälter steigen nicht in dem Maße. Dabei müsste es so sein, dass es im Rahmen bleibt. Bei der Gesundheitsreform bin ich der Meinung, dass man nicht so viel dazuzahlen und Zusatzversicherungen abschließen sollte. Dann laufen die Leute in einigen Jahren ohne Zähne rum.

In jedem System gibt es gute Sachen und Sachen, die einem nicht gefallen. Man ändert sowieso nichts und muss sich mit den Gegebenheiten zufrieden geben. Die Politiker können sich gar nicht in die Leute reinversetzen. Ich könnte ja sagen, der Herr Bundeskanzler Schröder macht mal ein Jahr lang meine Arbeit, ich bin bei der Bahnreinigung im Schichtdienst, und ich mache ein Jahr lang seine Arbeit, mit seinem Gehalt. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, wenn ich seine Arbeit machen würde, würde die Arbeitslosigkeit rapide sinken! Es gibt genug Leute, die Sozialhilfe kriegen und arbeiten wollen. Kieken Sie sich mal Berlin an. Das ist die dreckigste Stadt, die es gibt. Hier findste keinen Platz, der sauber ist. Da kann ich jeden Sozialhilfeempfänger einspannen. Und Herr Schröder könnte mal sehen, wie es ist, mit 1.200 Euro auszukommen.“ Aufgezeichnet von BARBARA BOLLWAHN