Brüll-Soap

Theaterformen mit Pollesch

Heute fühlt sich der Mensch in seinem Körper als Bürger: „Ich bin langweilig. Disziplinierter Sex langweilt mich zu Tode. All diese Ärsche und was man da reinstecken kann.“ In der Langeweile der Durchökonomisierung aller Lebensbereiche erwacht das „Begehren, das sich jeder Interpretation entzieht“.

Radikal sind die Brüche zwischen der Anmaßung des Thesentheaters – und dem Aufwallen blanken Unsinns: „Ich will die Tabletten ohne Wasser runterschlucken.“ Röchel-Solo. „Wasser!! Das ist wohl gegen die Natur der Tablette, ohne Wasser genommen zu werden.“ Hinreißend, wie Sophie Rois danach einfordert: „Auch mein Alltag ist theoriefähig. Ich muss hier den Widerspruch von ökonomischen Zwängen und humaner Sehnsucht aussitzen.“ Brüll-Soap, Diskurs-Jonglage und fürs Herz ein kleiner Hoffnungsschimmer: „Ich bin froh, dass jeder Kuss mich daran erinnert, welche Scheiße ich hier lebe.“ Autor und Regisseur dieses Hallo Hotel…! betitelten Spektakels ist René Pollesch. Es erlebte in Braunschweig seine Uraufführung im Rahmen des Theaterformen-Festivals, gastierte am Staatstheater Hannover und wird morgen am Wiener Burgtheater Premiere feiern. Auch Pollesch ist Teil des Systems totaler Vermarktung. fis