gengesetz
: Blockade unterlaufen

Endlich bekommt Deutschland ein zeitgemäßes Gentechnikgesetz – wenn auch nur in Teilen. Die von Rot-Grün gegen den erbitterten Widerstand der Opposition durchgesetzte Novelle sieht vor, dass Bauern benachbarte Landwirte verklagen können, wenn durch deren genmanipulierte Aussaat ihre eigene Ernte verseucht wurde. Die Biotechlobby wird aufschreien. Mit der Kennzeichnung von Gentechfood haben sich die Unternehmen, die auf grüne Gentechnik setzen, inzwischen arrangiert. Auch strengere Genehmigungsverfahren und Anbauvorschriften haben sie geschluckt – wenn auch unter Murren. Doch für die durch ihre Pflanzen verursachten Schäden wollen die Saatgutproduzenten und Gentechbauern nicht aufkommen. Die Entscheidung aber ist richtig: Profite einfahren, die Schäden aber anderen aufbürden, das darf nicht sein. Von daher hat Rot-Grün gestern eigentlich nur eine Selbstverständlichkeit beschlossen.

KOMMENTAR VON WOLFGANG LÖHR

Auch das Recht, erfahren zu dürfen, wer in der Nachbarschaft Gentechanbau betreibt, ist unerlässlich. Denn wie sonst könnten Gentechbauern und konventionell wirtschaftende Landwirte Absprachen treffen, um die Gentechkontaminationen so gering wie möglich zu halten? Oder woher sonst soll ein geschädigter Landwirt erfahren, wen er für die Verunreinigungen haftbar machen kann?

Der einzige Wermutstropfen: Die Regelungen kommen viel zu spät. Die von Sachsen-Anhalts Landesregierung initiierten geheimen Gentechanbauversuche in sieben Bundesländern hätten verhindert werden können und müssen. Die Versuche verstoßen zwar eindeutig gegen EU-Recht. Weil aber das deutsche Gesetz nicht wie vorgesehen bis Oktober 2002 angepasst wurde, bleibt eine Grauzone. Die hat die CDU-FDP-Regierung in Magdeburg rigoros ausgenutzt.

Vor diesem Hintergrund müssen auch die Proteste der CDU, CSU und der FDP gegen die Splittung des Gengesetzes gesehen werden, mit der eine weitere Blockade im Bundesrat umgangen wurde. Die Opposition setzte auf Zeit und wollte, dass vollendete Tatsachen geschaffen werden – gegen den Verbraucherwillen und auf dem Rücken der nicht gentechnisch produzierenden Landwirtschaft. Um das zu verhindern, müssen die neuen Regeln schnellstmöglich in Kraft treten. Und dann müssen die Haftungsfrage und das Informationsrecht europaweit geregelt werden.

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