schurians runde welten
: Artistische Slipeinlagen

„Die haben uns gesagt, dass die Frauen weniger Schaden auf dem Rasen anrichten und sie deswegen spielen dürfen.“ (Jürgen Heipertz, VfL Bochum)

Fernsehfußball ist mein Schlafmohn. Habe mir zuhause einen Diwan zurecht gelegen und meinen Verstand überlasse ich dem Fußball. Sehe Sting und denke, es ist Elke Heidenreich. Mein Sofa gebiert noch mehr Verwechslungen: Warum wird Portugal von Gene Hackman trainiert und warum nennt sich die Altinternationale Martina Voss plötzlich Thomas Brdaric? Ist das metrosexuell?

David Beckham jedenfalls will für diesen Zeitgeist nicht mehr zur Verfügung stehen: Der urbane Frauen- und Männerschwarm setzt auf Hässlichkeit, hat sich ein Georgskreuz einritzen lassen wie Charles Manson das Hakenkreuz auf die Stirn. Dazu machen urmännliche Werbebotschaften die Runde: Carlsberg stellt grölende Engländer an die Theke. Der DFB holt sich einen Bierpanscher in den Kader. Neofamiliär spielt McDonalds mit Kinderwünschen, JVC wirbt mit einer hospitalistischen Familie.

Doch die portugiesischen Eindrücke täuschen: Frauen sind schwer im Kommen – nicht nur Martina Voss. Coca-Cola lässt sie wuchtig unter eine Kugel treten. Weltmeisterin Steffi Jones darf für das Zweite analysieren. Und unsere Frauennationalmannschaft schloss einen Werbevertrag ab, drehte einen Werbespot. In Rothenburg ob der Tauber sehen wir adrette Fußballfrauen beim Bummel – ein Ball kommt ins Spiel und los geht der Fußgängerzonenfußball mit artistischen Einlagen: Geworben wird für die neue Alldays, „die sitzt immer“, offizielle Slipeinlage der Nationalmannschaft.

Mit den Frauen kommt der Ball im Alltag an. Eigentlich ist Fußball ja ein schlechter Verkäufer: Stollenschuhe sind keine Asphaltware, Stutzen und Turnhosen sind wie das Nasenpflaster aus der Mode gekommen. Anders die Frauen, die haben Wäsche, Sport-BHs und Hygieneartikel. Ergo: Der Fußball von morgen wird weiblich.

20.6. Potsdam - Wattenscheid

Auch in Wattenscheid. Die Männer liegen wie ich auf dem Diwan und versuchen den Regionalliga-Abstieg zu vergessen. Die U17 Mädchen der SGW spielen am Sonntag um deutsche Meisterwürden. Für Funktionär Hans-Peter Argreifer hat der Frauenfußball längst über die Euro gesiegt: „Wer am Sonntag nichts vor hat, sollte die Mädchen in Potsdam unterstützen. Es könnte ein schöner Tagesausflug werden.“ CHRISTOPH SCHURIAN