Jeder zweite Sitz leer

Dem Kölner Theater im Bauturm laufen die Zuschauer weg. Ein neues Konzept soll das Traditionshaus retten

Köln taz ■ „Vielleicht haben wir in dieser Spielzeit mit zu vielen jungen, neuen Autoren unser Publikum überfordert“, räumte Miriam Kloss, Geschäftsführerin des Kölner Theaters im Bauturm (TiB), selbstkritisch ein. Dazu ein generell rückgängiges Interesse an Theater und weniger Geld in der Tasche beim Publikum – für das Theater im Bauturm hatte das trotz überwiegend guter Kritiken fatale Folgen. Im Schnitt blieb jeder zweite der insgesamt 99 Theatersessel leer.

Im Vergleich zum Vorjahr gingen die Zuschauerzahlen von Januar bis Mai um 10 Prozent zurück. „Eine besonders starke und mächtige Existenzkrise“, resümierte Theaterchef Gerhard Haag, als er am Donnerstag das neue, auf drei Jahre angelegte Spar- und Programmkonzept des Hauses vorstellte.

Vorleistungen für eine Konsolidierung wurden schon erbracht. Das TiB-Team verzichtete auf einen Teil der ohnehin schon kleinen Gagen, erstmals in der 20-jährigen Theatergeschichte gab es eine betriebsbedingte Kündigung, die Stelle des technischen Leiters wird nicht mehr besetzt. Inhaltlich wolle man mehr Kontur entwickeln, sagte Haag. So wird „Familie“ in der Spielzeit 2004/05 das Schwerpunktthema sein, auf die Bühne gebracht in einer Mischung aus Klassikern wie Osbornes „Blick zurück im Zorn“ oder Ibsens „Nora“ und Neulingen wie „Terrorismus“ der Russen Oleg und Wladimir aus dem Jahr 2003. „Vor allem müssen wir wieder lernen, dem Publikum gegenüber zu begründen, warum wir gerade dieses Stück spielen“, gibt Haag die Richtung vor, „und vor allem der Jugend erklären, warum ein Theaterbesuch besser ist als ein Videospiel.“

Aber auch organisatorische und strukturelle Änderungen wird es geben. So wird künftig jedes Stück von einer jeweils dazu gegründeten „Gemeinschaft des bürgerlichen Rechts“ produziert werden. Durch dieses „Outsourcing“ erhoffen sich die Theaterleute größeres Engagement und Verantwortungsbewusstsein – auch im Umgang mit Geld. Außerdem wird eine freie Kölner Theatergruppe, das Rose-Theegarten-Ensemble, als regelmäßig gastierende „Residenzgruppe“ aufgenommen.

Jürgen Schön