„Auf Wiedersehen“

Görlitz ohne „Allgemeine“: Deutschlands jüngste Zeitung macht nach sechs Wochen vorerst wieder dicht

„Auf Wiedersehen in einem anderen Land“, hieß es am Mittwoch in der vorerst letzten Ausgabe der Görlitzer Allgemeinen. Die erst seit Anfang Mai erscheinende Tageszeitung muss wegen akuten Geldmangels auf die tägliche Ausgabe verzichten.

3.500 Exemplare konnte das von der Familie Kremser verlegte Blatt nach eigenen Angaben bislang absetzen – deutlich weniger als erhofft. Das „nur vorübergehende Aus“, so die Hoffnung der Redaktion, kam allerdings wegen einer unerwartet zurückgezogenen Kreditzusage einer Bank.

„Es gab keine wirtschaftliche Begründung, es hieß lediglich, der zuständige Mitarbeiter sei im Urlaub“, sagte Görlitzer Allgemeine-Redakteur Torsten Kurth.

Jetzt schon aufgeben will von den rund 15 Mitarbeitern aber niemand: Jeden Freitag soll nun eine vierseitige Kompakt-Ausgabe des bislang 16-seitigen Blattes an zentralen Stellen in Görlitz aushängen und im Internet verfügbar sein (www.goerlitzer-allgemeine.de).

In seinem Abschieds-Artikel machte Chefredakteur Markus Kremser am Mittwoch „einflussreiche Kreise“ für das vorläufige Scheitern der Zeitung verantwortlich. Diese wollten eine unabhängige Zeitung verhindern, die über „Seilschaften, Filz und Korruption“ berichte. In der Stadt erscheint ansonsten nur eine Lokalausgabe der Sächsischen Zeitung aus Dresden. Vor allem die vorurteilsfreie Berichterstattung über Polen – Görlitz liegt direkt an der Grenze, die östliche Stadthälfte ist als Zgorzelec seit 1945 polnisch – sei dem Blatt zum Vorwurf gemacht worden, sagte Kurth gestern der taz. Ebenfalls kritisiert wurde der Druckort Wroclaw – „von denselben Leuten, die ganz selbstverständlich wegen des billigeren Benzins zum Tanken nach Polen fahren“. STEFFEN GRIMBERG