Zu viel pappsüße Cola im Bundestag

Verbraucherministerin Renate Künasts Regierungserklärung zur Fettleibigkeit führt zu deftigem Streit im Parlament

BERLIN taz ■ Qoo von Coca-Cola, erhältlich zum Beispiel im Geschmack „Geburtstag Erdbeere“, soll Kinder glücklich machen. Findet der Cola-Konzern. Im Bundestag machte ein Tetra Pak des Getränks die Opposition gestern ziemlich unglücklich, genauer: Es machte sie rasend.

Die Grünen-Abgeordnete Ulrike Höfken hatte zuvor angekündigt, „wir werden nicht billigend in Kauf nehmen, dass die Menschheit in den Klauen von Cola und von Hamburgern krepiert“. Und dann hatte die Grüne das Mixgetränk Qoo von Coca-Cola hochgehalten. „Ich habe diese Firma nicht besonders auf dem Kieker“, sagte Höfken, „das ist nur ein besonders gutes schlechtes Beispiel.“ Auf der Packung stehe „Der gesunde Trinkspaß“. Die Stiftung Warentest aber klassifiziere das Getränk als für Kinder ungeeignet.

Den FDP-Abgeordneten Hans-Michael Goldmann erregte das sichtlich. Es sei nicht in Ordnung, Firmen im Bundestag namentlich anzuprangern – zumal wenn sie sich als eifrige Jugendsponsoren verdient machten. Und die CDUlerin Julia Klöckner witterte sogleich eine neue grüne Bevormundung: „Für uns ist es wichtig, dass sie uns mit einer Ernährungsdiktatur verschonen.“ Dabei wollte Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) die Deutschen doch nur vor Fettleibigkeit bewahren. Künast forderte von der Kabinettsbank aus eine „neue Ernährungsbewegung für Deutschland“. Denn ernährungsbedingte Krankheiten verursachten Folgekosten von 71 Milliarden Euro. Acht Prozent der Jugendlichen litten an Fettleibigkeit, und es gebe einen eindeutigen Zusammenhang von Armut, Herkunft, Bildung und Übergewicht. Künast schlug vor, Wissen über Nahrung, Gesundheit und Ernährung „zukünftig zum bildungspolitischen Standardwissen“ zu machen.

Die Union ist trotz der bösen Worte von Goldmann und Klöckner nicht prinzipiell gegen den Plan der Verbraucherschützerin mit Ministeramt.

Die CDU-Frau Ursula Heinen gestand ein, „dass ausgewogene Ernährung und Bewegung wichtige Themen sind“. Aber, das wünscht sich Heinen, eine „nationale Verzehrstudie“ müsse unter wissenschaftlicher Anleitung durchgeführt werden – und transparent sein.

Transparenz, das gelte auch für den Bundestag, sagte Parlamentspräsident Wolfgang Thierse. „Ich denke, wir sind uns einig, das Recht auf freie Meinungsäußerung, das besonders in diesem Hause gilt, schließt die Kritik an Firmen ein – seien sie noch so groß.“ CHRISTIAN FÜLLER