Dental-Discounter

Quittenschnaps

Schon wieder stehen wir vor dem Dental-Discounter in der Sonnenallee. Es ist schon weit nach Mitternacht. Ich denke an die Arztwitze, die uns neuerdings verbinden, und die oft erzählten Horrorgeschichten über B.s Mutter. B. ist Zahnärztinnensohn und hat allein deshalb viel zu erzählen.

Diesmal allerdings ist auch ihm nicht zum Lachen. Obwohl er sich am gestrigen Morgen ein Reinigungsset besorgt hatte, sind die Zahnschmerzen nicht verschwunden. Ebenso die Sorge um die fehlende Krankenversicherung. Besorgt starren wir auf die quietschbunten Accessoires und versuchen das zu verwalten, was uns in dieser Nacht als Elend erscheint.

B. spart nicht an trübsinnigen Bieren, um die Schmerzen zu betäuben. Auch ich versuche den horrenden Kostenvoranschlag meines Zahnarztes zu vergessen. Immer wieder schaue ich zu B., dessen Zunge unablässig unter der Wange hin und her fährt. Tatsächlich muss es ihm schlecht gehen, denn er erwägt mit seinem Smartphone in seine Mundhöhle zu fotografieren und das Bild seiner Mutter zu schicken. Zur Ferndiagnose.

Tage später treffen wir uns wieder und tauschen aus: Zu meinem Zahnarzttermin bin ich nicht erschienen, sage ich. Das schmerzende Stück Zahn sei ihm irgendwann einfach aus dem Mund gefallen, berichtet B. Er trägt jetzt, seit er es an meinem Zahnarzt sah, Strellson und ich wage nicht zu fragen, ob das ein Witz sein soll. Das Reinigungsset hat er mittlerweile aufgestockt. Er öffnet den Mantel und zeigt auf Dunja, eine Flasche Quittenschnaps. Dunja stimmt uns zuversichtlich. Zudem ist sie nur der Vorbote, denn in wenigen Wochen kommt B.s Mutter. Wir werden dann einfach improvisieren. SONJA VOGEL