Ping – pong – ping – pong

Reformagenda 20/03 – Teil 3: Kein Geld, aber trotzdem sportlich? Besorgen Sie sich eine Bratpfanne, und spielen Sie regelkonform um die Deutsche Meisterschaft. Oder nur um ins Schwitzen zu kommen

von ANNE TUFFE

Auch wenn das Meinungsforschungsinstitut Emnid noch nicht reagiert hat mit einer Hitliste der beliebtesten Sommersportarten und die Nachrichtenillustrierte Focus mit dem Aufmacher „So spielen Sie Tischtennis – billiger, besser, mehr Sex!“ auf sich warten lässt – der Trend ist nicht zu verleugnen. Menschen laufen mit Tischtennisschlägern durch die Straßen, immer auf der Suche nach der nächsten Betonplatte. Vier Millionen Freizeitspieler gibt es in Deutschland, schätzt Marita Bogenhagen (42) vom Deutschen Tischtennisbund. Tischtennis ist ohne Zweifel der Sport des Reformsommers 2003.

Damit wir uns nicht falsch verstehen: Gemeint ist nicht die semiprofessionelle Variante mit 3-Stern-Bällen (3er-Pack 5,50 Euro), einem hochwertigen Holzschläger (39 Euro aufwärts) und einem Belag mit Obergummi, der bei langsamen Schlägen dominiert, während der Unterschwamm erst beim harten Topspin eingreift (um die 50 Euro, vor jedem wichtigen Spiel zu erneuern) – es geht um die billige Variante: Anfängerschläger für 30 Euro, gespielt wird auf der Betonplatte im nächst gelegenen Stadtpark. Auch hier muss man an den Profistandards kaum Abstriche machen.

Denn um offiziellen Tischtennis-Anforderungen zu genügen, muss die Ausrüstung nur wenige Kriterien erfüllen. Beim Schläger beispielsweise gibt es kaum Vorschriften. Ob Sie mit High-Tech-Produkten spielen oder beispielsweise mit einer Bratpfanne, ist nach dem Reglement völlig egal. Einzige Auflage: Ein regelkonformer Schläger muss auf der einen Seite rot, auf der anderen schwarz sein.

Auch die von eitlen Semiprofis gemiedenen Betonplatten im Park oder Pausenhof sind theoretisch geeignet, darauf Meisterschaften auszutragen. Denn auch hier gibt es nur wenige Beschränkungen. Zum einen das einheitliche Maß von 1,52 Meter Breite, 2,74 Metern Länge bei einer Höhe von 76 Zentimetern. Dann das Netz: 15.25 Zentimeter hoch und 1.83 Meter lang. Dem Material sind nur weite Grenzen gesetzt: Ein Tischtennisball, der aus 30 Zentimeter Höhe auf die Platte fällt, muss mindestens 22 Zentimeter bis 25 Zentimeter hoch zurückspringen.

„22 Zentimeter! Diesen Wert erreichen wir genau!“, sagt Carsten Sonntag (31) von den Betonwerken Tritz in Nalbach. Seine Firma stellt Betonplatten für Schulhöfe und Parkanlagen her. Wer sich eine in den Garten stellen will, ist mit 1.443 Euro dabei – oder billiger, Sonntag lässt mit sich handeln. Etwas mehr Komfort, also Kunststoffbelag und Aluumrandung, kosten schnell 1.000 Euro mehr. „Aber dafür haben sie mit so einer Platte 15 bis 20 Jahre lang keine Probleme mehr“, sagt Sonntag.

Missverständnisse bis hin zu Zank und Tränen sowie dem endgültigen Zerbrechen von Freundschaften gibt es bei Freizeitspielern traditionell mit den Regeln. Zunächst sei hier der häufigste Streitpunkt geklärt: Beim Einzel ist es nicht nötig, dass der Ball beim Aufschlag in der diagonal gegenüberliegenden Seite aufkommt. Er muss aber, so beschreibt es der Deutsche Tischtennisbund in seinen „Regeln light“, beim Aufschlag hinter dem Tisch senkrecht hoch geworfen werden. Berührt der Ball beim Aufschlag das Netz, so ist dies ein „Netzaufschlag“ und muss wiederholt werden. Trifft man den hoch geworfenen Ball beim Aufschlag nicht, ist dies ein Fehler, und der Gegner erhält einen Punkt. Jeder Spieler schlägt je zweimal auf, dann wechselt das Aufschlagrecht zum Gegner. Eine Ausnahme bildet die Satzverlängerung: Ab 10 zu 10 wird abwechselnd aufgeschlagen.

Anders als beim Aufschlag muss der Ball beim Ballwechsel, also dem eigentlichen Spiel, direkt auf die gegnerische Tischhälfte geschlagen werden. Bevor der Ball auf der gegnerische Tischhälfte auftrifft, darf er nur das Netz oder den Netzpfosten berühren. Berührt der Ball hingegen andere Gegenstände wie Kleidung, die Decke oder die Wand, gilt dies als Fehler. Ein Ball, der die gegnerische Tischhälfte berührt, zählt nur dann, wenn er die Oberkante und nicht die Seite des Tisches berührt.

Entgegen dem weit verbreiteten „Bis 21“-Irrtum wird ein Satz von dem Spieler gewonnen, der zuerst 11 Punkte erzielt hat. Haben beide Spieler 10 Punkte erreicht, geht es in die Satzverlängerung: Es gewinnt derjenige den Satz, der zuerst mit 2 Punkten Vorsprung führt. Nach jedem Satz werden die Seiten gewechselt. Im entscheidenden letzten Satz findet der Seitenwechsel statt, sobald einer der Spieler 5 Punkte erreicht hat. Ein ganzes Spiel besteht in der Regel aus drei Gewinnsätzen. Im Höchstfall können also fünf Sätze gespielt werden, wenn bei einem 2:2 Satzgleichstand der fünfte Satz die Entscheidung bringt.

Jetzt kennen Sie die Regeln. Aber kein Mensch behauptet, dass Sie sich auch daran halten müssen.