„Welche Wahl hat der Wähler?“

betr.: „Prominenz im Europa-Endspurt“, „Viel Show, wenig Inhalt“, Kommentar von Andreas Wyputta zur Europawahl, taz vom 12. 6. 04

Wir EU-Bürger wurden nicht zur EU-Süderweiterung, genausowenig zur Euro/Teuro-Einführung und noch weniger zur EU-Osterweiterung gefragt. Dass es überhaupt ein EU-Parlament gibt, erfährt man nur, wenn wieder Spesen o.ä. falsch abgerechnet wurden. Ja selbst der Spitzenkandidat der CDU ist und bleibt unbekannt. Warum um Himmels Willen sollte man zur Europawahl gehen? [...]

Auch bei der Bundestagswahl konnten die Wähler eben nicht über Konzepte und Reformen entscheiden, wie sie danach als Agenda 2010 über sie hereinbrachen. Auch bei Landtagswahlen ist das zunehmend so (vgl. u. a. Clements Metrorapid in NRW), und in den Städten ist es ebenfalls üblich geworden, dass die wichtigen Entscheidungen, Pöstchen und Verträge entweder kurz vor den Wahlen schnell noch unter Dach und Fach gebracht werden oder sie werden im Wahl“kampf“ von allen Parteien im Konsens verschwiegen und hinterher aus der Schublade gezogen, egal wer die Wahl gewinnt oder verliert.

Welche Wahl hat dann der Wähler? [...]

Die Eliten in Deutschland und Europa sollten sich ernsthaft und ganz schnell Gedanken machen, dass sie die Bürger mitnehmen müssen in die EU, nicht nur die Banken und Konzerne. Anders wird es auf Dauer nämlich wenig mit der Friedensmacht oder dem geeinigten Europa. Das zeigt sich doch auch daran, wie viele EU-Gegner bei den Europawahlen gewählt wurden [...].

LOTHAR REINHARD, Mülheim/Ruhr