Show-down vor dem Take-off

Die Gegner des Großflughafens Schönefeld machen mit Menschenketten mobil. Gegen die erwartete Baugenehmigung wollen sie klagen. Berliner Flughafengegner sprechen sich für Schönefeld aus

VON RICHARD ROTHER

Wer am südöstlichen Stadtrand unterwegs ist, kann sie kaum übersehen: „Stoppt den Großflughafen Schönefeld!“ oder „Schönefeld – nicht mit uns!“ steht allerorten auf Transparenten und Plakaten. Die Gegner des Alleinflughafens der Region Berlin/Brandenburg machen mobil – und läuten nun eine neue Phase ein. Der Grund: In den nächsten Wochen wird der Planfeststellungsbeschluss, die Baugenehmigung, erwartet. Dann werden die betroffenen Bürger und Gemeinden klagen. Aber auch auf der Straße regt sich Widerstand: Am Sonntag wollen die Flughafengegner ab 11 Uhr eine Menschenkette vor dem Airport Schönefeld bilden.

Der Bürgerverein Brandenburg-Berlin (BVBB) – die Bürgerinitiative der Flughafengegner, die von dem ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Ferdi Breidbach mitinitiiert wurde – jedenfalls erwartet eine Klagewelle gegen das Vorhaben. „Die umfangreichste, die es je in Deutschland gegeben hat“, so Breidbach. Ab dem 21. Juni rechnet er mit der Veröffentlichung des Planfeststellungsbeschlusses. Bislang seien Beschlüsse, gegen die Widersprüche innerhalb einer Vier-Wochen-Frist vorzubringen seien, immer zu Ferienbeginn bekannt gegeben worden.

Schon im Anhörungsverfahren seien 135.000 Einwendungen vorgebracht worden, stellt der BVBB fest. „Wer sich vor Lärmterror, Katastrophengefahr, Eigentumsverlust durch Entwertung von Haus und Grundstück, die Zerstörung von Naturschutz und Erholungsgebieten und die Vernichtung seiner Lebensqualität zur Wehr setzen will, muss gegen den Planfeststellungsbeschluss zum Neubau von Schönefeld klagen“, so der BVVV.

In Berlin stoßen diese Aktivitäten nicht unbedingt auf Zustimmung – auch nicht von Flughafengegnern. „Ich möchte dem BVBB nicht das Recht auf Widerstand absprechen, aber man muss die Relationen im Auge haben“, meint Johannes Hauenstein. Seit 16 Jahren kämpft der Sprecher der „BürgerInnen gegen das Luftkreuz“ gegen die innerstädtischen Flughäfen Tegel und Tempelhof, die durch Schönefeld ersetzt werden sollen. Hauenstein: „Dann wären viel weniger Menschen von Lärm und Katastrophengefahr betroffen als heute.“

Die Verlagerung des Berliner Flugverkehrs nach Schönefeld nennt Hauenstein deswegen eine „vernünftige Ermessensentscheidung“, der auch das Bundesverwaltungsgericht folgen werde. Auch andere Standorte seien jetzt keine Alternative mehr. „Wer weiß, wie politische Entscheidungsprozesse laufen, muss sich mit Schönefeld abfinden.“ Andernfalls bleibe Berlin auf Tegel und Tempelhof sitzen.

Für Hauenstein ist dies auch ein Grund dafür, dass sich so wenige Berliner gegen den Ausbau Schönefelds einsetzen – ganz im Unterschied zu den großstädtischen Protesten gegen die Startbahn West in Frankfurt am Main in den 80er-Jahren. Hauenstein: „Die Gemengelage ist eine ganz andere.“ In Frankfurt sei es um die Erweiterung eines bestehenden Flughafens gegangen, was für viele eine Verschlechterung bedeutete. In Berlin gehe es um die Verlagerung von Flugverkehr, die für viele Menschen eine Entlastung bringe. Dies hätte viele verstanden, auch die Grünen.

Der BVBB ruft die Anwohner dennoch zu Klagen gegen das Projekt auf: „Wenn das Bundesverwaltungsgericht wieder Erwarten die Baugenehmigung erteilt und als Auflage Entschädigungen für die Kläger festlegt, dann haben nur Kläger einen Anspruch“, so die Bürgerinitiative. Mit anderen Worten: Wer durch den Flughafen Nachteile erleidet, soll sich wenigstens eine finanzielle Entschädigung erstreiten können.