VÖLKERMORD AN HERERO: DEUTSCHLAND ENTZIEHT SICH VERANTWORTUNG
: Nichts als wohlfeile Worte

Die deutsche Außenpolitik bleibt sich treu. Der Beschluss des Bundestages zum 100. Jahrestag des deutschen Völkermordes an Namibias Herero ist so weich und inhaltsleer, dass man fragen darf, wieso er überhaupt verabschiedet worden ist. Lediglich die „besondere historische und moralische Verantwortung“ Deutschlands für Namibia zu bekräftigen, bedeutet lediglich die Wiederholung der immer gleichen deutschen Linie zum ehemaligen Deutsch-Südwestafrika: Wir haben da früher mal schreckliche Verbrechen begangen, aber heute zahlen wir ja Unmengen von Entwicklungshilfe. Es ist das übliche Spiel: Historische Verantwortung wird mit Geld aufgewogen, die Geschichte entsorgt.

Dies ist gewollte Regierungspolitik. Jeder Inhalt, der zu juristisch oder politisch relevanten Konsequenzen hätte führen können, wurde aus dem Antrag getilgt. Deutschland will auf keinen Fall das Privileg aufgeben, selbst ganz allein zu entscheiden, wie es seiner in Geld umgewandelten Verantwortung nachkommt, und welche Summen eingesetzt werden. Soll bloß kein US-Zivilgericht feststellen, Deutschland sei zu Schadenersatzzahlungen an irgendwelche Herero verpflichtet. Also durfte in dem Antrag auch nichts stehen, womit Herero-Kläger eine Forderung nach Wiedergutmachung begründen könnten. Und so enthält der Beschluss nichts, das aus der Geschichte eine Verpflichtung für die Gegenwart ableitet.

Die Grünen müssen sich nun fragen, welchen Wert der jüngste Beschluss ihres Länderrates „für eine aktive und kohärente Afrikapolitik Deutschlands“ hat. Darin wird „eine grundsätzliche Klärung der deutschen Afrikapolitik“ gefordert, eine aktive Beteiligung an Friedens- und Wiederaufbauinitiativen und eben auch, „dass sich die Bundesrepublik ihrer historischen ebenso wie ihrer aktuellen Verantwortung in Afrika stellt“. Der Beschluss wurde am 8. Mai einstimmig angenommen. Und am 17. Juni stimmen die Grünen im Bundestag einmütig für einen Namibia-Beschluss, der sich dieser Verantwortung entzieht. Ein guter Anfang ist das nicht. DOMINIC JOHNSON