Schmidt jubelt: Boom bei Minijobs

Sozialministerin zieht Erfolgsbilanz. Eine Million Arbeitsverhältnisse in drei Monaten

BERLIN taz ■ Eine geradezu unglaubliche Botschaft hielt Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) gestern bereit. Stolze 930.000 Minijobs sind dank der entsprechenden Regelung geschaffen worden, die seit 1. April in Kraft ist. Diese Zahl präsentierte Schmidt gestern gemeinsam mit Georg Greve, dem Direktor der Bundesknappschaft, die für die Sozialbeiträge aus den neuen Jobs zuständig ist.

Ulla Schmidt nutzte gestern die Pause bei den Gesprächen über die Gesundheitsreform, um diesen „Beginn einer Erfolgsstory“ zu feiern. „Die Ergebnisse übertreffen die Erwartungen“, sagte Schmidt. Greve vermutet, dass die 1-Million-Marke noch im August überschritten werde.

Insgesamt gab es Ende Juni 5,8 Millionen „geringfügig entlohnte Beschäftigungsverhältnisse“. Davon sind gut vier Millionen alte „325-Euro-Jobs“. Von den 1,6 Millionen zusätzlichen Jobs laufen 670.000 nur kurzfristig. Bleiben also jene 930.000 Beschäftigungsverhältnisse, die als echte Minijobs gezählt werden. Fast ein Fünftel davon sind allerdings Zweitjobs. Unklar ist jedoch, ob und wie viele Arbeitslose in die „neuen“ Jobs gelangt sind.

Fest steht, dass es sich großteils um umgewandelte Schwarzarbeit handelt. Es sind vor allem Einzelhandel, Tourismus- und Gaststättengewerbe sowie Privathaushalte, die von der Minijobregelung profitieren.

In den Haushalten sind mittlerweile 33.600 Beschäftigte gemeldet. Bei geschätzten zwei Millionen von Putzleuten gereinigten Haushalten ist dies jedoch nicht unbedingt ein Fortschritt.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund bezweifelte gestern, dass es sich tatsächlich um eine „Erfolgsstory“ handelt. „Wir bleiben bei dem Einwand, dass für die Minijobs vor allem feste Vollzeitstellen umgewandelt werden“, sagte der DGB-Arbeitsmarktexperte Johannes Jakob der taz. Zwar lägen noch keine Daten vor, doch langfristige Beobachtungen würden in Zukunft zeigen, „dass etwa im Einzelhandel für eine frei gewordene Vollzeitstelle zwei Minijobber angestellt werden“. Im Übrigen sei zu beobachten, dass die Minijobber schlechtere Stundenlöhne bekämen als die früheren 325-Euro-Jobber. Dadurch, dass die 15-Stunden-pro-Woche-Regel abgeschafft wurde, habe sich „der Lohndruck verschärft“, sagte Jakob.

Die seit gut drei Monaten geltende Minijobregelung hat im Zuge der Hartz’schen Arbeitsmarktreformen die 325-Euro-Jobs ersetzt. Minijobber dürfen maximal 400 Euro verdienen und zahlen dafür keinerlei Abgaben. Ihr Arbeitgeber führt eine Pauschale von 25 Prozent an Finanzämter und Sozialversicherungen ab, Privathaushalte sogar nur 12 Prozent.

Die Knappschaft, ehemalige Sozialversicherung der Bergarbeiter, hat die Verwaltung übernommen. Sie nimmt also den Arbeitgebern auf Kosten der Sozialkassen den gesamten bürokratischen Aufwand ab, den die Einstellung und Beschäftigung von Arbeitnehmern sonst mit sich bringt. Dazu wurden bei der Knappschaft 1.500 Stellen geschaffen. Dies immerhin dürften echte Vollzeitjobs sein. UWI